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Gemüse, die köstlichsten Blumen, unzählige Kamelien, Schneeglöckchen, Veil¬
chen, Hyacinthen und Levkojen vorübergetragen. Mützenverkäuser, Schuh-,
Stiesel-, Bürsten- und Besenhändler, Federviehverkäufer und Töpfer, Lumpen¬
sammler u. s. w. bieten in langgezogenem Tone ihre Waren aus, die römischen
Hausfrauen machen die Fenster aus und treten vor die Hausthüren. Hier
und dort stehen sie, die Arme behaglich über einander gekreuzt, beisammen
und schwatzen. Bon rechts und links lausen die Diener der Kaffeehäuser
mit den Theebrettern, die Diener der Speisewirtschaften mit den großen
Blechkästen, in denen sie das solidere Frühstück tragen, die Straßen entlang.
Sie machen einen kurzen Halt und sprechen mit den Mädchen, die das Wasser
in einem großen Kupserkruge auf dem Kopse balancieren. Aber das alles
beeilt sich jetzt, alles hastet sich, denn es ist bereits neun Uhr geworden.
Die Fremden fangen an, ihre Wohnungen zu verlassen. Wohlgewaschen
und musterhaft gekämmt gehen Engländer und Amerikaner im Geschäfts¬
schritt vorüber. Die Künstler wandern mit ihren -Mappen, mit ihren Mal¬
kästen, mit Feldstühlen und Malschirmen in die Campagna hinaus oder
gehen in ihre Ateliers. Jetzt fahren die Wagen, schöne viersitzige Landauer
und kleine offene Einspänner, vor die Häuser. Die Frühstückszeit ist vor¬
über. Die Heimischen arbeiten, die Fremden greisen zu ihren Reisebüchern,
die Sonne lockt gar Zu freundlich — man muß hinaus, hinaus.
Langsam schlendern wir die Straßen entlang, bald eine schöne Billa,
bald ein kunstvolles Denkmal, bald einen reich geschmückten Brunnen, bald
den Bau einer Kirche bewundernd. Dabei haben wir aber auch Gelegen¬
heit zu sehen, wie oft dicht neben Pracht und Herrlichkeit das tiefste Elend
wohnt, wie neben von Palästen umgebenen Plätzen sich Seitengäßchen befinden,
wie man sie kaum schmutziger in den Vorstädten eines polnischen Land¬
städtchens finden kann. Wie unwissend noch die große Masse des Volkes ist,
beweisen uns die vielen öffentlichen Schreiber, welche auf allen nur einiger¬
maßen belebten Plätzen ihre Tische ausgestellt haben, und deren Dienste
steißig von Schreibunkundigen beansprucht werden. Plötzlich stehen wir
still. Dort ragt sie empor, die Riesenkuppel von St. Peter. Von freudigen
Erwartung vorwärts getrieben, betreten wir den großen Platz, auf dem die
größte Kirche der Christenheit steht, und schon dieser Platz ruft einen er¬
habenen Eindruck hervor. In der Mitte desselben steht ein ägyptischen
Obelisk, welcher an Höhe so manchem unserer Türme gleichkommt, und zu
dessen beiden Seiten Springbrunnen mächtige Wasscrpyramiden emporsteigen
lassen. Bogenhallen, von vier Reihen von Säulen getragen, umgeben rings¬
um den Platz und gewähren zu allen Zeiten des Tages erquickenden Schatten.
Noch mehr erfüllt aber mit Staunen und Bewunderung das Innere des
Riesentempels. Prächtig wölbt sich die reich vergoldete Decke. Zu ge¬
waltiger Höhe strecken sich die riesigen Säulen empor. Marmorgestalten,