Full text: [Teil 6 = 6. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 6 = 6. Schuljahr, [Schülerband])

von dem Meißel eines Thorwaldsen geschaffen, zieren die Gräber der heiligen 
Apostel Petrus und Paulus. 
Darnach steigen wir auf Hunderten von Stufen zur Kuppel empor, 
und hier entrollt sich vor unsern Augen ein unbeschreiblich schönes Bild. 
Zu unsern Füßen liegt die „ewige Stadt", einer verworrenen Häusermasse 
gleichend, in der nur die Kuppeln und Türme deutlich zu unterscheiden 
sind. Fünf Brücken, eine immer malerischer als die andere, überschreiten 
den Fluß. Im Nordwesten erheben sich in schön geschwungenen Linien die 
letzten Ausläufer des Apennin. An diese reihen sich die zum Teil mit 
Schnee bedeckten Häupter des Sabinergebirges, der „Löwin mit silberner 
Mähne", und zwischen Gebirge und Stadt lagert sich einsam, tiefernst die 
ungeheure, rötliche Ebene der Campagna. Ganz in der Ferne aber gegen 
Süden und Westen schimmert ein Silberstreisen — das Meer. Das alles 
zusammen: das Meer und das Gebirge, die unermeßliche Campagna und 
die ungeheuer ausgedehnte Stadst die Hügel auf und Hügel ab an der 
blitzenden Tiber hingelagert ist, darüber ein Himmel von Klarheit und 
Glanz — das gibt einen Anblick von zauberischer Schönheit, wie er ander¬ 
wärts selten einem Sterblichen zu teil wird. 
Unten aus dem Platze wieder angekommen, steigen wir in eines der 
kleinen offenen und einspännigen Fuhrwerke, die in Rom auf allen Wegen 
und Stegen zu finden sind, und fahren nach dem riesenhaftesten aller Amphi¬ 
theater, nach dem Kolosseum. Schweigend stehen wir vor dem von Vespasian 
begonnenen und von Titus vollendeten Riesenbaue und gedenken der Zeit, 
in der einst 100000 Zuschauer auf den Galerien Platz nahmen und den 
Spielen der Gladiatoren oder den Kümpfen der Christen mit den wilden 
Bestien der Wüste zusahen. Die kolossale Ruine ist ziemlich gut erhalten, 
wenn auch unzählige Blumen aus allen Ritzen und Spalten, aus Simsen, 
Bogen und Pfeilern blühen und wucherndes Buschwerk das altersbraune 
Gemäuer überall mit frischem Grün bekleidet. 
Nach kurzer Weiterfahrt halten wir wieder, und zwar diesmal vor 
dem Kapitol. Aus zwei schönen, majestätischen Treppen steigen wir zu dem 
aus einem Hügel liegenden Schlosse empor, welches einst von schnatternden 
Günsen gerettet wurde, und woselbst die Dichter die Lorbeerkronen em¬ 
pfingen. Nach Hobirks Wanderungen. 
121. Konstanlinopel. 
Das kleine, leichte Boot trügt uns spielend aus dem Hafen vön 
Konstantinopel nach dem gegenüberliegenden Gestade von Kleinasien; 
aus einem anderen Weltteile muß man sich niederlassen, um das gro߬ 
artige Bild, das sich hier vor den erstaunten Augen entfaltet, mit seiner 
ganzen Schönheit ins Herz aufzunehmen.
	        
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