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fürnehmlich am Rheinstrom also, daß wer der stärkste war, der schabe
den andern in den Sack, wie er kunt und mögt; die Ritter und Edel¬
leute nährten sich aus dem Stegreif, mordeten, wie sie kunten, verlegten
und versperrten die Pässe und Straßen, und stellten denen, so ihres Ge¬
werbes wegen über Land ziehen mußten, wunderbarlich nach. Darneben
hatten etliche Herrschaften neue Zölle am Rhein uffgerichtet; auch war
das arme Volk mit übermäßiger, unbilliger Schatzung hochbeladen, be¬
schwert und bedrängt. Derohalben, weil sie sonst kein Gehülst und Trost
gewärtig, verbunden sich, nach deren von Worms, Mainz und Oppenheim
Exempel, fast in die sechzig Städte am Rhein gelegen, daß je eine der
andern in Nöten Beistand thun solle."
Soweit das Zeitbuch. Mainz, von wo der Bund ausging, blieb
auch dessen Mittelpunkt; es war reich und mächtig und galt in jenen
Zeiten für wohlhabender als selbst das volkreiche, unmittelbaren See¬
handel treibende Köln. Die ersten Städte, welche mit Mainz die „Einung"
bildeten, waren die ihm zunächst liegenden, Oppenheim und Worms. Auch
die Fürsten und Ritter, denen an Ruhe und Ordnung gelegen war, för¬
derten durch ihren Anschluß das große Werk, beschickten die Bundestage,
auf welchen die gemeinschaftlichen Angelegenheiten geordnet wurden, setzten
die Zölle herab, halfen den Raubrittern das böse Handwerk legen, den
Landfrieden aufrecht erhalten und beförderten mit der Wiederherstellung
der Ordnung zugleich das Wiederaufleben des Handels.
Unter den bürgerlichen Wirren, die später zwischen den Zünften aus¬
brachen, zu denen auch Fehden nach außen kamen, ist Gutenberg aus¬
gewachsen, der Erfinder der Buchdruckerkunst und einer der größten Wohl¬
thäter der Menschheit. Ihm zu Ehren erhebt sich in Mainz ein ehernes
Standbild von Thorwaldsen, das seine dankbare Vaterstadt ihm im Jahre
1837 setzte. Einige Zeit nach Gutenbergs Erfindung brachen schwere und
verhängnisvolle Tage über Mainz herein, welche die Stadt dem Unter¬
gänge nahe brachten und sie ihrer sämtlichen Rechte und Freiheiten be¬
raubten. Veranlassung war eine Fehde zwischen dem Erzbischof Diether
von Isenburg — der nach ärgerlichen Zwistigkeiten zwischen Kaiser und
Papst seiner Würde entsetzt worden war — und seinem Nachfolger, dem
Grafen Adolf von Nassau.
Nach dem dreißigjährigen Kriege war Mainz unter dem Erzbischof
Johann Philipp von Schönbvrn wieder eine Zeitlang zu Blüte und
Wohlstand gelangt und die geistige Regsamkeit so lebendig, die Pflege
der ernsten Wissenschaften so wohlgemeint, daß viele ausgezeichnete Ge¬
lehrte gern am dortigen Hofe verweilten. Da brach in Frankreich der
Sturm aus, welcher bald auch verheerend über die Rheinlande dahin¬
tobte. Der Krieg war da, das französische Heer hatte die Grenze über-