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Vom Bache noch einmal trinkt Nachtigall schnell:
„Ade, liebe Fluren!“ so singet sie hell.
„Ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank;
ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang.
Nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch genm
0, möget im Lenze ihr wonnig ersteh'n!
Vir Vöglein, wir können so lange nicht warten.
Gott schirme indessen den schlummernden Garten!
Ade! Adel«“
Zum Fenster noch einmal blickt Schwälbehen hinein:
„Ade, liebe Kinder, geschieden muß sein!
Ieh hatte mein Nest an dem Fenster gebaut;
ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut
und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört
und habet mir niemals den Frieden gestört;.
drum möge aueh euch in Freud' und Gefahren
der Himmel die liebenden Eltern bewahren!
Ade! Ade!“
Rud. Löwenstein.
71. Die grüne Stadt.
Ich weiß eueh eine schöne Stadt, die lauter grüne
Hãuser hat;: die Häuser, die sind grob und klein, und
wer nur will, der darf hinein. Die Straßen, die sind
freilich krumm; sie führen hier und dort herum; doch
stets gerade fortzugeh'n, wer findet das wohl allzuschön?
Die Vege, die sind weit und breit mit bunten Blumen
überstreut; das Pflaster, das ist sanft und weich und
seine Farb' den Hãusern gleich. Es wohnen viele Leute
dort, und alle lieben diesen Ort. Ganz deutlich sieht
man dies daraus, daß jeder singt in seinem Haus. Die
Leute sind da alle klein; denn es sind lauter Vögelein,
und meine ganze grüne Stadt ist, was den Namen , Wald“
sonst hat. rllepp