Full text: [Teil 1 = 6. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 1 = 6. Schuljahr, [Schülerband])

folgen, lieber Pharas; aber trage du Sorge, dass Beiisar mir 
beim Kaiser Bürge des Versprechens werde, welches du mir neu¬ 
lich gabst. Dann will ich mich mit meinen Getreuen dir ergeben.“ 
Beiisar freute sich über diese Nachricht und schickte sogleich 
zu Gelimer einen der Anführer ab, der ihm in seinem Namen 
den Eid leisten sollte. Am Fusse des Berges kamen sie zusammen, 
und dann reisten sie mit einander nach Karthago. Als Beiisar ihn 
dort empfing, trat Gelimer ihm mit lautem Gelächter entgegen. 
Da glaubten einige, dass sein Verstand durch die erlittenen Leiden 
zerrüttet sei; die Freunde des Königs aber erhoben die Kraft 
seines Geistes, der die Wechselfälle des Lebens nur belachens- 
wert finde. Das möge ein jeder von uns nach seinem Sinne 
auslegen. Beiisar aber schickte dem Kaiser die frohe Botschaft, 
dass er den König Gelimer gefangen bei sich führe und ihn nach 
Konstantinopel bringen wolle. 
Eine alte Sage aber erzählt, dass Beiisar dem Vandalen¬ 
könige auch das Versprechen abgelegt habe, dass er ihn weder 
mit Stricken, noch auch mit Eisenketten binden wollte. Diesem 
Worte vertrauend, gab Gelimer sich in die Hände der Börner; 
aber Beiisar liess ihn mit einer silbernen Kette binden und so 
dem Kaiser überliefern. Darüber erzürnte Gelimer; aber Beiisar 
berief sich auf die Worte seines Versprechens, und erst der Kaiser 
Justinian in Byzanz nahm seinem unterlegenen Feinde die Ketten ab. 
Das war das Ende des Vandalenkrieges. In wenigen Mo¬ 
naten war die so reiche Herrschaft der Vandalen gestürzt und 
eine Nation wie vom Erdboden vertilgt; denn die wenigen 
Trümmer des vandalischen Volkes gingen bald vollends zu Grunde. 
Sie haben uns keine Spur ihrer Grösse zurückgelassen. Beiisar 
aber kam mit Gelimer und seinen anderen Gefangenen wohl¬ 
behalten in Byzanz an und wurde mit allen Ehren gefeiert. Wie 
einst den römischen Helden in der alten Weltstadt, wie zuletzt 
noch dem Titus und Trajan und einigen anderen römischen 
Kaisern, so wurde auch ihm die Ehre eines Triumphzuges zuerkannt. 
In demselben schritten Gelimer und alle seine Verwandten und 
alle Edeln der Vandalen als Gefangene einher. Als Gelimer den 
Cirkus betrat, wo er den Kaiser auf seinem Throne und alles 
zuschauende Volk erblicken musste, hatte er weder Seufzer noch 
Thränen, sondern er sprach beständig die Worte des Predigers 
Salomo vor sich hin: „Eitelkeit der Eitelkeiten! Alles ist 
eitel!“ Als er bis an den Thron des Kaisers gelangt war, musste 
er seinen Purpurmantel ablegen, mit welchem er bis dahin um¬ 
kleidet war, sich mit dem Gesichte zur Erde niederwerfen und so 
den Kaiser Justinian anbeten. Dasselbe that auch Beiisar; er 
warf sich mit Gelimer zur Erde. Diesem aber wies der Kaiser 
reiche Besitztümer in Galatien in Kleinasien an und gestattete 
ihm, dort seine Lebenstage in Frieden zu beschließen. Klopp.
	        
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