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Die Neuzeit
Vertragstheorie und ihrer hauptsächlichsten Konsequenzen. Huch das
führt schon zur Klärung so wichtiger Begriffe wie Volkssouveränität,
Menschenrechte, Kabinettsjustiz, Rechtsstaat usw. wenn dabei die Na¬
men großer Denker, von denen früher im Geschichtsunterricht kaum die
Rede war, eines hobbes, Grotius, pufendorf, Spinoza, Locke, Thoma-
sius den Schülern etwas vertraut werden, so wird das wahrlich kein
Schade sein; sie sind würdiger gekannt zu werden als Stanislaus
Leszczinsky und Johann Georg von Schlesien-Jägerndorf, Jobst von
TTtähren und Seyfried Schm epp ermann, die in kaum einem Geschichts-
lehrbuch fehlen.
fluch die Lehre TtTontesquieus von der Trennung der Gewalten ver¬
dient nicht, weil sie unrichtig ist, nur kurze Erwähnung. (Erstens enthält
sie eine relative Wahrheit; zweitens aber ist ja gerade das belehrend,
die Schüler finden zu lassen, ob und inwieweit wir jetzt die Trennung
der Gewalten haben oder nicht haben, und warum. Dazu kommt wieder
die historische Wirkung. Die völlige Trennung wurde in der Konsti¬
tution von 1790 bekanntlich versucht, hatte die verhängnisvollsten Fol¬
gen, und an ihre Stelle trat in der Schreckenszeit die völlige Ver¬
wischung aller Grenzen, indem der Konvent und seine Ausschüsse Gesetz¬
gebung, Rechtsprechung und Vollstreckung zugleich handhabten. Ein klassi¬
scheres Beispiel für das fluseinandertreten von Theorie und Praxis läßt
sich doch gar nicht ausdenken. Übrigens versteht es sich von selbst, daß
— außer etwa bei der Betrachtung der Philosophie — nie eine Lehre
als solche ohne Hinweis auf die praktische Wirkung vorgetragen, wie daß
andererseits die (Entstehung der Theorien durch die herrschenden Zustände
verständlich gemacht wird. So läßt sich von den einzelnen Theorien aus
eine ganze Reihe wichtigster historischer Vorgänge beleuchten, wie die
Abschaffung der Folter und der Kabinettsjustiz, die Bestrebungen zur
Abschaffung der Leibeigenschaft, die Rechtskodifikationen in Preußen und
Österreich und viele andere Maßnahmen des „aufgeklärten Despotis¬
mus", die Aufhebung des Jesuitenordens und zahlloser Klöster und
Stifter, die Verwaltungsreformen unter Ludwig XV. und XVI. u. v. a.
Das letzte Kapitel, das dann ganz und gar auf diesen „Aufklärungsstun¬
den" fußt, behandelt die Französische Revolution.
Zu ihrer näheren Vorgeschichte gehört wieder der Abfall Nordame¬
rikas von der englischen Herrschaft und die (Entstehung der vereinigten
Staaten. Die Geschichte des Unabhängigkeitskrieges zu erzählen, ist keine
Zeit; Schüler, die sich dafür interessieren, muß man auf Privatlektüre