Full text: Deutsches Lesebuch ([Teil 1, [Schülerbd.]])

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13. Warum hat's Bäumlein denn gelacht 
und wärmn denn seine Kameraden? 
Es hat bekommen in einer Nacht 
wieder alle seine Nadeln, 
daß jedermann es sehen kann. 
Geh naus, sieh's selbst, doch rühr's nicht an! 
Warum denn nicht? 
Weil s sticht. 24.—25. Dezember 1813. 
120* Marx und sein Sohn. 
Schul-Lesebuch, in sachgemäßer Anordnung nach den Regeln des Lesens für Schüler 
bearbeit von Dr. Adolf Diesterweg. Krefeld. 1831. 8. 221. 
1. Einst saß Marx bei dem Abendbrot auf einem Hügel unter dem 
Schatten eines Baumes und sein jüngster Sohn bei ihm; unten an 
dem Hügel weidete eine Herde Schafe. ' Da ging ein fremder Mann 
vorbei, der einen Hund bei sich hatte. Als nun die Schafe den 
Hund sahen, liefen sie davon und rannten in ein Dorngesträuch. 
Die Dornen rausten den Schafen einige Wolle aus. Als dieses das 
Kind bemerkte, ward es unwillig und sagte: „Sieh, Vater, wie die 
Dornen den armen Schafen die Wolle ausreißen! Dieses Gesträuch 
sollte man ja gleich weghauen, damit es künftig den unschuldigen 
Tieren nicht mehr schaden könnte." Der Vater schwieg eine kurze 
Zeit, dann sagte er: „So meinst du, daß man dieses Gesträuch 
weghauen soll?" — „Za, ja," antwortete das Kind, wenn ich nur eine 
Axt hätte!" Der Vater schwieg wieder, und sie gingen darauf nach Hause. 
2. Des andern Tages nahmen sie eine Axt zu sich und gingen 
wieder an denselben Ort. Das Kind war schon voll Freude, aber 
auch voll Ungeduld, daß der Vater nicht sogleich die Axt anlegte, um 
die Dornhecken auszuhauen. Er setzte sich wieder auf den Hügel 
hin und sagte zu dem Kinde: „Hörst du auch, wie schön die muntern 
Vögel singen? Gefällt dir nicht der liebliche Gesang, und sind die 
Vögel nicht auch liebe Tierchen?" „O ja," antwortete das Kind, „die 
Vögel sind mir ja die liebsten unter allen Tieren." Da flog so eben 
ein Vogel in die Dornhecke, er sammelte Wolle und trug sie in 
seinem Schnabel einem hohlen Baume zu. „Sieh," sagte der Vater, 
„mit dieser Wolle bereitet der Vogel seinen Zungen im Nest ein 
weiches Bett. Wie gut wird diese Wolle den armen, nackten Vögelchen 
bekommen! Die Schafe können das bißchen Wolle wohl entbehren. 
Wie?' Soll ich jetzt noch die Dornhecke weghauen?" „Nein, nein!" 
antwortete das Kind, das nun anders dachte.. „Tadle also nicht," 
sprach daraus der Vater, „wenn du etwas nicht verstehst, sondern 
denke nur: Gott hat alles wohl gemacht und weislich angeordnet, 
wenn wir gleich vieles nicht begreifen können!" 
Deutsches Lesebuch A. I. 
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