227
„Dasselbe hat sich bei Beginn der Feindseligkeiten zu einem fest organisierken
Körper gestaltet, in welchem die Landesvereine sämtlicher deutscher Staaten
vertreten sind und aus dem selbst über den Ocean herüber die Hilfsvereine
Amerikas die Hand gereicht haben.
„Mit Freude habe ich erkannt, wie gerade durch diese Zusammenfassung
aller deutschen Kräfte, getragen von der allgemeinen Opferwilligkeit und von der
hingebenden und unermüdlichen Tätigkeit der Männer, welche der schwierigen
Leitung dieses Werkes ihre Kraft und Zeit widmeten, Leistungen möglich ge—
worden sind, die jede Erwartung überstiegen und wesentlich dazu beigetragen
haben, der Armee unter den schweren Mühsalen des Krieges, Freudigkeit und
Kraft zu erhalten.
„Z dankbare Erinnerung daran wird in der Armee und der Nation
unauslöschlich fortleben; meinen Dank und meine Anerkennung kann ich nicht
besser bezeugen, als indem ich Eure Majestät selbst bitte, sie dem Zentral—
Komitee des Vereins in meinem Namen auszudrücken.
Naney, den 14. März 1871.
Die Kaiserin ordnete aber nicht bloß an, sondern kümmerte sich um alle
Einzelheiten der Krankenpflege, so daß der leitende Arzt im Berliner Lazarett
für verwundete Soldaten im Jahre 1870 von ihr sagte: „Selbst unser General⸗
arzt hätte nid sachkundiger sprechen können“, und eine barmherzige Schwester
setzte hinzu: „War es nicht so, als wäre die Kaiserin jahrelang unsere Oberin
gewesen?“
In dem von der Kaiserin gestifteten Augusta-Hospital in der Scharnhorst⸗—
straße in Berlin erschien sie fast täglich und ging wie eine Mutter von Bat
zu Bett. Selbst in ihrem hohen Alter ließ sie sich im Rollstuhl dorthin
fahren, um den Leidenden ihre Teilnahme zu zeigen. Während des französischen
Krieges entfaltete Augusta eine umfassende Tätigkeit im großen wie im kleinsten.
Sie begleitete in Sorge ihren Gemahl, den Oberfeldherrn der deutschen Armee,
und ihren herrlichen Sohn, den Sieger von Weißenburg, Wörth und Sedan,
durch alle Gefährden des Krieges, bis sie endlich ihren glorreichen Einzug in
Berlin feierten. Wie mag damals ihr patriotisches Herz tiefbewegt gewesen
sein! Mit Tränen sprach sie: Bin ich es wert, daß Gott mich diesen Tag
erleben ließ?“
Der Kronprinz besuchte sie täglich. Sie äußerte sich über ihren Sohn:
„Es ist ein Hochgenuß seinen Worten zu lauschen. Ich freue mich, daß er
sich im wilden Kriegesrausch seinen frommen Sinn bewahrt hat. Er kann
noch heute nicht ohne ein Gefühl des Ekels an die Schlaͤchtenbilder, die er
gesehen, denken und teilt mitk mir den Wunsch, daß Gott unser Vaterland vor
ferneren derartigen Kämpfen bewahren möge.“ Seit dem Kriege erlebte die
Kaiserin noch viel Ersreuliches; zwei Lichtpunkte waren die Tage, wo sie mit
ihrem Gemahl das Fest ihrer goldenen Hochzeit im Jahre 1879, und 1886,
wo Wilhelm J. sein fünfundzwanzigjähriges Regierungsjubiläum feierte. Welche