zur Festung hinaus. Philipp Sommerring, der Scheibe Heinze samt
seinem Weibe flohen nach Goslar, Jobst Kettwich nach Ulm, einige nach
Braunschweig, die anderen anderswohin. Die Herzogin ließ die Nach¬
richt von dem vereitelten Überfalle sogleich durch einen reitenden Boten
ihrem Bruder, dem Kurfürsten zu Brandenburg, melden. Dieser nahm
darauf den Herzog beiseite und ließ ihn das Schreiben lesen. Erschreckt
über die Verwegenheit der Abenteurer, machte Julius sich eilends wieder
auf den Rückweg. Mit einigen hundert Mann ließ er den falschen Doktor
samt seinen Gesellen aus Goslar holen. Verkappt, mit einem Knebel im
Munde und auf einen Wagen geschmiedet, zogen sie wieder in Wolfen¬
büttel ein. Der Ulmer Rat lieferte auf des Herzogs Bitte bereitwillig
den Jobst Kettwich aus, während die Braunschweiger Ratsherren die
Übeltäter nicht herausgaben. Die übrigen Gefangenen wurden in der
Fasten 1575 vor dem Hause Sommerrings hingerichtet. Dieser, der Vor¬
nehmste unter der Rotte, ward mit glühenden Zangen gezwickt und dann
gevierteilt. Scheibe Heinze ward enthauptet und auch gevierteilt, sein
Weib, die angebliche Gräfin von Öttingen, verbrannt, Jobst Kettwich
gerädert und gevierteilt, der Doktor Kümmerer enthauptet. Der Hof¬
kaplan Hahne kam davon, wurde aber nach etlichen Jahren erwischt und
mit dem Schwerte vor dem Mühlentor gerichtet. Also nahm diese Rotte
ein Ende.
Von all den Personen, die in dieser Geschichte vorkommen, wird
heutzutage in Wolfenbüttel nur der Name Sommerrings genannt und
vorzüglich erwähnt, daß er dem Herzoge versprochen habe, aus un¬
edlen Metallen Gold zu bereiten. Viel mehr erzählt man dagegen von
Schlüterlieschen. Sie gehörte zu den dienenden Frauen der Herzogin.
Von Sommerring verleitet, wollte sie, — so berichtet die Überlieferung,
— ihre Herzogin vergiften. Bevor sie ihr den Becher reichte, schüttete
sie hinterrücks heimlich das bereitgehaltene Gift in den Trank. Aber
die Fürstin, die gerade vor einem Spiegel stand, bemerkte darin die
verruchte Tat und eilte sofort zum Herzog.
Vor Gericht gestellt, wurde Schlüterlieschen zum Tode verurteilt;
sie sollte lebendig verbrannt werden. Noch heute wird in dem Schlosse
ein eiserner Stuhl gezeigt, auf dem die Giftmischerin den Flammentod
erlitten haben soll. Auch wird eine der Bildsäulen auf dem Geländer
an der Oker rechts von der Brücke, die ein Gefäß in der Rechten trägt,
als das Bild Schlüterlieschens ausgegeben. Ihr Geist wandelt, wie die
Sage erzählt, noch jetzt nach dreihundert Jahren ruhelos in den unter¬
irdischen Gewölben und Gängen des Schlosses umher.