Full text: Deutsche Jugend ([Teil 5 = 6. - 8. Schulj., [Schülerbd.]])

Zur deutschen Geschichte. 
96. Luther in Worms. Emil Frommei. 
arl V., „das edle, junge Blut", wie ihn Luther nennt, war 
gewählt worden als Enkel Kaiser Maximilians, den das 
ganze Volk sehr geliebt hatte. In der Wahl hatte er 
über den französischen König Franz I. gesiegt. So tief 
war ja damals Deutschland herabgekommen, keinen 
eigenen Fürsten aus seinem Volke zu haben, den es an die Spitze 
des Reiches stellen konnte. Der einzige — Friedrich der Weise — 
wollte nicht. Trotz dem Papst, der es mit dem französischen Könige 
hielt und ihn für uns Deutsche am passendsten fand, wurde doch 
der jugendliche Karl gewählt. Aber er war ein Spanier, der nicht 
recht deutsch konnte. Es erwies sich dann auch verhängnisvoll für 
die ganze Reformation, daß Deutschland jetzt einen Kaiser hatte, der 
sein Volk und sein Bestes, das in ihm lebte, nicht verstand. Alles 
lag dem Papste daran, Luther nicht mehr zu Worte kommen zu 
lassen, sondern ungehört zu verurteilen. Der päpstliche Gesandte 
Aleander und der Beichtvater Glapio, — jeder gab sich die beste 
Mühe, den Kaiser dazu zu bringen. Dagegen hatte Kurfürst Fried¬ 
rich der Weise den Kaiser bewogen, Luther zu hören, und Karl hatte 
dem Kurfürsten gesagt, er solle ihn mitbringen auf den Reichstag 
zu Worms. Als der Kurfürst für Luther fürchtete, es möge ihm dort 
gehen wie einst dem Hus, antwortete Luther: „Wenn man mich 
ruft, werde ich, soviel an mir ist, kommen, ob ich mich auch müßte 
krank hinführen lassen; denn man darf nicht zweifeln, daß ich vom 
Herrn gerufen werde, wenn der Kaiser mich ruft." Fast wäre es 
aber doch geschehen, daß man Luther nicht verhört hätte. Da legten 
sich die Reichsstände ins Mittel und setzten es durch, daß Luther 
auf den Reichstag entboten wurde. Am 6. März 1521 erließ der 
Kaiser die Vorladung, damit seiner Lehre und Bücher halber Er¬ 
kundigungen eingezogen würden. Freies Geleit war ihm zugesagt. 
Komme er nicht, und widerrufe er nicht, dann seien Kaiser und Reich 
einig, ihn als offenbaren Ketzer zu behandeln. Also auf Prüfung 
sollte es nicht ankommen. Luther war jedoch entschlossen hinzu¬ 
gehen und ebenso entschlossen, nicht zu widerrufen, wenn man ihn 
nicht überführe. Der Reichsherold Kaspar Sturm stellte ihm das
	        
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