Full text: [Teil 3, [Schülerbd.]] (Teil 3, [Schülerbd.])

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mit der See vertraut und bildeten sich zu unerschrockenen, den Tod 
verachtenden Matrosen. Darum sagte man im Scherz, Amsterdam 
sei auf Heringe gebaut. 
Schon um dieselbe Zeit brachte diese Fischerei auch den Deut⸗ 
schen jährlich zehn Millionen Thaler ein, und alle nordischen Länder, 
ja selbst Spanien und Frankreich, nahmen ihren Anteil. Jetzt hat 
England viel von diesem, die Goldminen von Peru an Wert über— 
treffenden Erwerbszweige an sich gerissen, und mit zwölfhundert 
Fahrzeugen hat man dort binnen zwei Jahren jedesmal 00 000 
Tonnen, etwa fünfzig Millionen Stück, gefangen. Oft kommen 
so große Quantitäten an, daß sie nicht alle genossen werden können 
und zu Dünger verbraucht werden müssen. Man schätzt gegen⸗ 
wärtig die Menge aller Heringe, welche jährlich gefangen werden, 
auf tausend Millionen. 
Die Fahrzeuge, welche die Holländer Buysen nennen, und 
deren sich auch die anderen Völker bedienen, sind sehr lang. Sie 
werden von zwei Kriegsschiffen begleitet zum Schutze und zur Auf⸗ 
nahme der Kranken. Sobald die Heringe angekommen, werden 
große Netze ausgespannt, welche oben durch leere Tonnen gehalten, 
unten mit Steinen beschwert sind, so daß fie durch das eingesogene 
Wasser steif wie eine feste Wand stehen. Die von Hanf gefertigten 
halten nur ein Jahr, man macht sie daher jetzt von gelber persischer 
Seide, wo sie doch wenigstens drei Jahre halten. Sie werden zu⸗ 
vor geräuchert, damit ihre helle Farbe die Heringe nicht scheu mache. 
Die Weite der Maschen ist gesetzlich vorgeschrieben und darf nicht 
enger als einen Zoll sein, damit man nicht zu viel Junge und 
Brut fange. Die anströmenden Heringe gehen oft augenblicklich in 
die Netze hinein, in denen sie mit den breiten Kiemendeckeln hängen 
bleiben; und wenn das Glück gut ist, kann man schon nach zwei 
Stunden das Netz aufwinden. Man thut es gern des Nachts. 
Jetzt werden die schnell sterbenden Fische herausgenommen, ihnen 
die Kehle aufgeschnitten und sie von den Kiemen und Därmen ent. 
leert und dann vorläufig in Fässer mit Seewasser geworfen. Nach— 
mals werden sie ausgewaschen, in Salzlake geworfen und endlich 
bei ihrer Ankunft ordentlich in Tonnen mit Schichten Seesalz da— 
zwischen verpackt, welches Verfahren im vierzehnten Jahrhundert der 
berühmte Wilhelm Beukelen van Biervliet bei Sluys 
( 1397) erfand, und dadurch erst den großen Verbrauch möglich 
machte, weshalb auch Kaiser Karl V. sein Grabmal besuchte. Die 
Holländer, welche sich auch noch gegenwärtig an das von ihm vor— 
geschriebene Verfahren halten, liefern auch immer noch die besten 
Heringe, wenigstens sind ihnen die Engländer darin noch nicht 
gleichgekommen. Die Erfindung des Räucherns jedoch, wodurch 
die Bücklinge entstehen, indem man die Heringe, nachdem sie vier— 
undzwanzig Stunden im Salz gelegen, in eine hölzerne Gabel 
schiebt und an den Kiemen in dem Rauche aufhängt, gebührt den 
Franzosen.
	        
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