1. Herr! du bist groß!
Ba du bist groß!“ — so ruf' ich, wenn im Osten
Der Tag wie eine Feuerros' erglüht;
Wenn, um den Reiz des Lebens neu zu kosten,
Natur und Mensch in junger Kraft erblüht.
Wo lässest du, o Herr, dich güt'ger sehen,
Als in des Morgens großem Auferstehen?
„Herr, du bist groß!“ — so ruf' ich, wenn's von Wettern
Am Mittagshorizonte zuckend droht,
Und du mit deines Blitzes Flammenlettern
Auf Wolkentafeln schreibst dein Machtgebot.
Wo wärst, o Herr, furchtbarer du zu schauen,
Als im empörten Mittagswettergrauen?
„Herr, du bist groß!“ — so ruf' ich, wenn im Westen
Der Tag sein Auge, sanft bewältigt, schließt,
Wenn's in den Wäldern schallt von Liederfesten,
Und süße Wehmut sich aufs All ergießt.
Wodurch, o Herr, stimmst du das Herz uns milder,
Als durch den Zauber deiner Abendbilder?
„Herr, du bist groß!“ — so ruf' ich, wenn das Schweigen
Der Mitternacht auf allen Landen liegt,
Die Sterne funkelnd auf- und niedersteigen,
Und sich der Mond auf Silberwölkchen wiegt.
Wann winkst du, Herr, erhab'ner uns nach oben,
Als wenn dich siumm die heil'gen Nächte loben?
Herr, du bist groß in jeglichem Erscheinen,
In keinem größer, stets der Größte nur;
Du führst im Staunen, Lächeln, Grau'n und Weinen,
In jeder Regung uns auf deine Spur.
Herr, du bist groß!l O laß mich's laut verkünden
Ünd selbst mich groß in deiner Größ' empfinden!
Zeidl.
2. Des Rönigs Münster.
Ss war einmal ein König, der erbaute ein prachtvolles Münster
zur Ehre und zum Lobe Goltes, und durfte niemand zu diesem
Bau einen Heller beisteuern nach des Königs ausdrücklichem Gebot,
sondern er wollte es ganz aus dem eigenen Schatz erbauen. Und
jo geschah es auch, ünd das Münster war vollendet, schön und
Hansen, Lesebnch. II.