Full text: [Teil 3, [Schülerbd.]] (Teil 3, [Schülerbd.])

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Das Wasser des Sees ist klar, bitter schmeckend und bat von 
seinem starken Salzgehalte eine solche spezische Schwere, dals 
der menschliche Körper kaum darin untertauchen Kann. Der See 
hat keinen sichtbaren Abfluss und entladet sich, vie es scheint, nur 
auf dem Wege der Verdunstung, welche durch die Gluthitze, die 
in dieser Erdspalte herrscht, ausserordentlich ist, der ihm zuströmen- 
den Gewässer, von denen schon der Jordan allein ohne die zabl- 
reichen Bäche auf der Ostseite täglich etwa 6 Millionen Tonnen 
ihm zuführt. Weleh ein lebendiges Wirken und Weben unsichtbarer 
Naturkräfte an einem Orte, wo das Auge meist vergebens nach 
einer Spur und Regung des organischen Lebens sucht! Rein Fisch 
lassst sich in dieser Flut entdecken; denn die wenigen, welche mit 
dem Jordan hereinziehen, müssen alsbald ihre Wanderschaft mit 
dem Leben büssen. Rein Schiff, kein Wasservogel durchrudert den 
dee, keine Muschel liegt am Gestade, welches weithin mit einer 
dalzkruste überzogen, vegetationsleer und mit zerstreut liegenden 
Treibholastâmmen bedeckt ist, die, von weisser Salzlauge durch- 
drungen, unverbrennlich sind, denn im Minter erhöhet sich der 
Wasserspiegel durch die überflutenden Gebirgsströme um mebhr als 
10 Puls. 
An einzelnen Stellen, vie an der Mündung des Arnon, welche 
ein 60 Fuss breites Felsenthor, von riesenhohen, senkrechten Sand- 
steinwänden überragt, bildet, und gegenüber am Westufer bei 
Engeddi, wo die Ziegenquelle mündet, einst durch die Balsamgãrten 
und Weinberge Salomos berühmt, ist die Gegend sogar malerisch, 
und das Grün der Schluchten zieht sich bis an den Wasserspiegei 
des Sees. An solchen Stellen wird der Wanderer auch durch den 
Morgengesang zahlreicher Vögel überrascht, und Raubvõgel um- 
schweben die Höhen der Bergspitzen. Sonst ruhet Totenstille auf 
dieser erhabenen Einöde. 
Stiege nicht da und dort eine Rauchsäule aus den Nieder- 
lassungen der Araber, welche auf den jenseitigen Bergen Holzkohlen 
oder Soda brennen, ginge nicht vielleicht ein Karavanenzug durch 
die sudliche Furt, hörte man nicht das Glöckehen der Saumtiere, 
die mit Salz oder Asphalt beladen am jähen Felsensteg empor- 
klimmen, so stände man auf dem Klippenrande des Toten Meeres 
mit der Empfindung tiefster Verlassenheit wie der letzte Mensch 
auf den Trümmern seiner Erde. Und doch lag hier vor Zeiten 
das blühende Siddim, um dessen Triften sich Lots und Abrabams 
Knechte stritten, denn diese Gegend war wasserreich als ein Garten 
des Herrn gleichwie ägyptenland. Hier lebten die Bevwolner von 
dodom und Gomorrha, durch die freiwillige Ergiebigkeit des Bodens 
der Arbeit und dem Ernste des Lebens entwöhnt, in verbrecherischer 
UÜppigkeit, bis die Erde unter ihnen ihren Mund aufthat, und eine 
Nacht des Gerichts sie in die grauenvolle Tiefe hinabstiels. 
Nach Võlter und Balsler. 
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