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25* Nachgeben stillt den Krieg.
Hebel.
Zwei Fuhrleute begegneten einander in einem Hohlwege, und
es war nicht leicht, wie der eine dem andern ausweichen sollte.
„Fahre mir aus dem Wege!" ries der eine. „Ei, so fahre du mir
aus dem Wege!" schrie der andere. „Ich will nicht!" sagte der
eine; „und ich brauche es nicht!" sagte der andere, und weil keiner
nachgab, kam es zu heftigem Zanke und zu Scheltworten.
„Höre du", sagte endlich der erste, „seht frage ich dich zum
letzten Male, willst du mir aus dem Wege fahren oder nicht?
Thust du's nicht, so mache ich's mit dir, wie ich's heute schon mit
einem gemacht habe." — Das schien dem andern doch eine be¬
denkliche Drohung. „Nun", sagte er, „so hilf mir wenigstens
deinen Wagen ein wenig beiseit schieben; ich habe ja sonst nicht
Platz, um mit dem meinigen auszuweichen." Das ließ sich der
erste gefallen, und in wenig Minuten war die Ursache des Streites
beseitigt.
Ehe sie schieden, faßte sich der, welcher aus dem Wege ge¬
fahren war, noch einmal ein Herz und sagte zu dem andern: „Höre,
du drohtest doch, du wolltest es mit mir machen, wie du es heute
schon mit einem gemacht hättest; sage mir doch, wie hast du es
mit dem gemacht?" — „Ja, denke dir", sagte der andere, „der
Grobian wollte mir nicht aus dem Wege fahren, da fuhr ich ihm
ans dem Wege!"
26* Die beiden Wächter*
Geliert.
Zween Wächter, die schon inanche Nacht
die liebe Stadt getreu bewacht,
verfolgten sich aus aller Macht
auf offner Straße, in den Schenken, —
und ruhten nicht, mit allen Ränken,
die nur der Feind dem Feind erfindet,
einander bis aufs Blut zu kränken;
ja, keiner brannte von beut Span,
woran der and're sich den Tabak angezündet,
aus Haß jemals den seinen an.