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Z. Das Grab im Busento.
die, welche das Unglück verbunden, trennte das Glück. Aetins, auf seinen
Ruhm und seine Macht eifersüchtig, schied sich von Thorismnnd und bewog
diesen, in sein Land zurückzugehen. Zur Entschädigung für die Beute, die
Astius sich vorweg genommen, erhielt Thorismnnd eine fünf Centner schwere
Schüssel von Gold, mit den köstlichsten Edelsteinen besetzt, die man für die
Tafel des berühmten, von den Römern ans dem Tempel zu Jerusalem geraubten
salomonischen Tisches gehalten hat.
Im Jahre 452 zog Attila über die Alpen nach Italien. Honoria, des
römischen Kaisers Schwester, soll sich ihm zur Gemahlin angeboten und ihn ein¬
geladen haben, nach Rom zu kommen. Sie schmachtete deshalb zu Rom im
Gefängnisse. Drei Monate lang hielt Aguileja die Hunnen ans; endlich eroberten
sie die Stadt und zerstörten sie gänzlich. Damals flohen viele Römer auf die
kleinen sumpfigen Inseln des adriatischen Meeres und legten daselbst den ersten
Grund der Stadt Venedig. Attila zog gegen Rom. Schon war man auf den
Untergang bereitet, als plötzlich Rettung vom Himmel kam. Leo, Bischof von
Rom, ein gottbegeisterter Greis, zog an der Spitze der römischen Geistlichkeit, in
priesterlichem Schmuck und mit feierlichem Gesänge, einer Taube des Friedens oder
einem gottgesandten Engel gleich, den wilden, mordbegierigen und bluttriefenden
Hunnen entgegen. Niemmch wagte, die frommen Priester anzutasten. Sie kamen
ungehindert vor Attila selbst, und dieser ward durch den Anblick und die Worte
Leos bewogen, Rom zu verschonen und sogleich den Rückweg einzuschlagen. Die
innere geistige Gewalt, womit die Erscheinung des heiligen Greises auf den Helden
wirkte, ist in der Sage dergestalt bezeichnet worden, daß Attila über dem Haupte
des Greises einen ungeheuren Riesen gesehen, der ihn drohend zurückgeschreckt habe.
Auf dem Rückwege aus Italien starb Attila plötzlich. Er wurde mit
großer Feierlichkeit zur Erde bestattet. Sein ganzes Heer ritt um seine Leiche.
Sie ward in einen goldenen Sarg gelegt, der wieder in einen silbernen und
dieser in einen ehernen. Alle, die an seinem Grabe gearbeitet hatten, wurden
umgebracht, damit niemand es entdecken könne. Nach G. Freytag.
3. Das Grab im Busento.
1. Nächtlich am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe Lieder,
aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wieder.
2. Und den Fluß hinauf, hinunter ziehn die Schatten tapfrer Goten,
die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten. —
3. Allzufrüh und fern der Heimat »mßten hier sie ihn begraben,
während noch die Jugendlocken seine Schulter blond umgaben.
4. Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette;
um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.
5. In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung, aus dem Pferde.
6. Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.
7. Abgelenkt zum zweiten Male, ward der Fluß herbeigezogen:
mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.