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Da donnerte der ersteé Signalschuss zur Abfahrt, und das Boot,
welches den alten Jansen zu dem Schiffe führen sollte, war eben ge—
landet. Noch einmal drückte er seinem Herrn die Hände, dann stieg
ér schnell ein und schiffteé hinüber. Jetzt wurde der grosse Anker
aufgewunden, der letzte Kanonenschuss ward gelöst, alle Wimpel
flaggten, und mit vollen Segeln flog das Schiff dahin, dem Meere
entgegen.
Drei Vierteljahre gingen dahin, und kein Jansen kehrte zurück
oder liels auch nur etfwas von sieh hören; wobl aber verbreiteten
io sich dunkle Gerüchte von deutschen Handelsschiffen, die in der
Gegend von Neu-Amsterdam gescheitert seien. Die Miene des Herrn
Hermann Gruit ward immer bedenklicher. Binen grossen Verlust
nach dem andern erlitt er dureb den Pall mehrerer Handlungsbäuser
zu Braunschweig, Nürnberg, Augsburg und Ulm, und täglich noch
ib trafen neue Unglücksbriefe ein. Am Jahresschlusse verglich er seine
Bücher,. — und siehe da, vas er gefürchtet hatte, erwies sich als
Wahrheit; die sSchulden überstiegen sein Vermögen. Da legte er
langsam die Peder weg, kKlappte leiss das Buch zu und ging, schwer
seufzend, aus der Schreibstube hinauf in das hamilienzgimmer. Dort
ꝛo kleidete er siech in seine volle Amtstracht als Ratsherr, külste seine
Prau und seine drei Knaben und ging mit der Aulserung, dals heute
gitzung sei, hinunter. Die grüne Gasse entlang sebritt er dem Bat-
hause zu; ein Diener trug lum das schwere Haupthuch nach. Im
Rathause legte er vor den erstaunten Amtsgeführten die Drenzeichen
2 seiner Würde ab und erklürte seine Zahlungsunfähigkeit.
Man kann denken, wie gross das Staunen aller war, dals das
grosse Haus Gruit van Steen zu zahlen aufhören müsse. Indes über—
zeugten sie sieh aus der genauen Ansieht der Bücher, dals Herr
Hermann an seinem Unglücke nicht schuld sei, und beschlossen, ihm
30 noch eine halbjührige Prist zu gestatten als die äulserste Zeit, in
welcher man Jansen noch zurückerwarten könne, wenn das Schiff
nicht verunglückt wäre.
Aber das halbe Jahr verflols; es vergingen zwei Monate darüber,
— und Jansen war nieht gekommen. Herrn Hermanns Umstände
35 aber hatten sich noch verschlimmert.
Da drangen die schon durch die bewilligte Prist erbitterten
Gläubiger so ungestüm auf die strenge Vollziebung des Gesetzes und
die Versteigerung aller ihrem Schuldner gehörigen Sachen, dals die
Obrigkeit dem Rechte seinen Gang lassen musste. Alles wvurde unter
10 Siegel gelegt, und dem armen Gruit nebst seiner Pamilie blieb nur
das kleine Stübehen, wo sonst der Hausknecht geschlafen, links am
Haupteingang des Hauses.
Die Versteigerung begann; sie geschah in dem geräumigen
Schreibzimmer, jenem Stübehen gegenüber: man konnte hier die
laute sStimme des Ausrufers deutlien hören. Mit jedem Niederfallen
des Hammers fuhr es dem Herrn Hermann wie ein Schwert durchs
Herz. Er sals tiefsinnig am Penster und starrte das Sebild seines
Nachbars, des Wirts zum Westindienfahrer, an. Die Prau sals in