fullscreen: Mit 40 Abbildungen (Teil 1 = (2. und 3. Schuljahr), [Schülerband])

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Schilfe lag, und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort und 
verschwand hinter einem Steine. 
7. Es trug sich zu, daß bald hernach die Mutter die beiden Mäd⸗ 
chen nach der Stadt schickte, Zwirn, Nadeln, Schnüre und Bänder ein⸗ 
zukaufen. Der Weg führte sie über eine Heide, auf der hier und da mächtige 
Felsenstücke zerstreut lagen. Da sahen sie einen großen Vogel in der Luft 
schweben, der langsam über ihnen kreiste, sich immer tiefer herabsenkte und 
endlich nicht weit bei einem Felsen niederstieß. Gleich darauf hörten sie 
einen durchdringenden, jämmerlichen Schrei. Sie liefen hinzu und sahen 
mit Schrecken, daß der Adler ihren alten Bekannten, den Zwerg, gepackt 
hatte und ihn forttragen wollte. Die mitleidigen Kinder hielten gleich 
das Männchen fest und zerrten sich so lange mit dem Adler herum, bis 
er seine Beute fahren ließ. Als der Zwerg sich von dem ersten Schrecken 
erholt hatte, schrie er mit seiner kreischenden Stimme: „Konntet ihr nicht 
säuberlicher mit mir umgehen? Gerissen habt ihr an meinem dünnen 
Röckchen, daß es überall zerfetzt und durchlöchert ist, unbeholfenes und 
täppisches Gesindel, das ihr seid!“ Dann nahm er einen Sack mit Edel— 
steinen und schlüpfte wieder unter den Felsen in seine Höhle. Die Mädchen 
waren an seinen Undank schon gewöhnt, setzten ihren Weg fort und ver— 
richteten ihr Geschäft in der Stadt. Als sie beim Heimwege wieder auf 
die Heide kamen, überraschten sie den Zwerg, der auf einem reinlichen 
Plätzchen seinen Sack mit Edelsteinen ausgeschüttet und nicht gedacht hatte, 
daß so spät noch jemand daherkommen würde. Die Abendsonne schien 
über die glänzenden Steine. Sie schimmerten und leuchteten so prächtig 
in allen Farben, daß die Kinder stehen blieben und sie betrachteten. ,Was 
steht ihr da und habt Maulaffen feil!“ schrie der Zwerg, und sein asch— 
graues Gesicht ward zinnoberrot vor Zorn. Er wollte mit seinen Schelt— 
worten fortfahren, als sich ein lautes Brummen hören ließ und ein 
schwarzer Bär aus dem Walde herbeitrabte. Erschrocken sprang der 
Zwerg auf; aber er konnte nicht mehr zu seinem Schlupfwinkel gelangen, 
der Bär war schon in seiner Nähe. Da rief er in Herzensangst: „Lieber 
Herr Bär, verschont mich! Ich will Euch alle meine Schätze geben; 
sehet, die schönen Edelsteine, die da liegen! Schenkt mir das Leben; was 
habt Ihr an mir kleinem, schmächtigem Kerl! Ihr spürt mich nicht 
zwischen den Zäühnen. Da, die beiden gottlosen Mädchen packt, das sind 
für Euch zarte Bissen, fett wie junge Wachteln, die freßt in Gottes 
Namen!“ Der Bär kümmerte sich um seine Worte nicht, gab dem bos— 
haften Geschöpf einen einzigen Schlag mit der Tatze, und es regte sich 
nicht mehr. 
Hirts Deutsches Lesebuch. Ausg. B. I. Neubtg 
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