9 
von ihm zu beobachten, daß kaum das längste Leben hinlänglich sein 
konnte, um sie würdig zu erfüllen. Und wenn er auch, welches doch 
unmöglich war, den ganzen Erdboden überwältigt hätte, so würde 
er doch denselben nicht haben behaupten können. Genug, Sesostris 
zog mit einer ungeheuren Kriegsmacht, zu Lande und zur See, aus 
seinem Reiche, bezwang viele Länder und Inseln in allen Welttheilen, 
hauptsächlich aber in Asien, und plünderte sie auf diesen Zügen von 
vielen Jahren aus. 
Mittlerweile aber verlor er beinahe sein ägyptisches Reich, in¬ 
dem sein Bruder dasselbe an sich zu reißen suchte. Er kehrte also 
endlich nach Aegypten zurück; zwar mit unermeßlichen Reichthümern 
und einer ungemeinen Anzahl von Gefangenen aus vielen Völkern, 
aber im Grunde mit mehr Schaden als Vortheil von dieser krie¬ 
gerischen Unternehmung. Sein indessen zerrüttetes Land mußte er 
mit Lebensgefahr sich wieder ganz unterthänig machen; auch fielen 
die von ihm eroberten Länder fast alle wieder von seiner Herr¬ 
schaft ab. 
Jetzt lernte er erst, was er seinen Unterthanen schuldig sei. Er 
machte das Land für sie brauchbarer, verschönerte und beschützte 
dasselbe. Da bisher viele Städte durch die Ueberschwemmung des 
Nils sehr gelitten hatten, so verlegte er sie auf Anhöhen, die er 
von Erde hatte aufrichten lassen. Ec zog viele Kanäle aus eben 
diesem Flusse, auf welchem die Einwohner, durch Schiffe und Han¬ 
delschaft, mehr Gemeinschaft mit einander bekamen. Auch ließ er 
in jeder Stadt durch die gefangenen Fremden einen Tempel bauen, 
und hielt es für seinen Ruhm, daß er aus alle die Worte setzen 
lassen konnte: es habe an keinem derselben ein eingeborner Aegyptier 
gearbeitet. Außerdem hat er große, kostbare, herrlich in die Augen 
fallende Gebäude hinterlassen; sie sind bekannt unter den Namen 
Obelisken und Pyramiden. 
P s a m m e t i ch. *) 
(666 v. Chr.) 
Um diese Zeit vereinigten sich zwölf Fürsten und theilten sich in 
die Herrschaft über Aegyptenland. Zur Verewigung ihres Namens 
baueten sie das berühmte Labyrinth. Aber die gemeinschaftliche 
Regierung der zwölf Pharaonen war von kurzer Dauer. Es war 
eine alte Weissagung vorhanden, daß derjenige einst ganz Aegypten 
beherrschen würde, der sein Opfer in einer ehernen Schale brächte. 
Da geschah es bei einem Feste, wo alle zwölf Könige versammelt 
waren, um den Göttern zu opfern, daß der Priester nur elf goldene 
Schalen austheilte und Psammetich keine bekam. Schnell entschlossen 
nahm dieser seinen Helm vom Haupte und brachte in diesem das 
*) Nach Grube.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.