Object: König Friedrich Wilhelm II. - König Friedrich Wilhelm IV. (Bd. 2)

Wilhelm wurde durch die Kunde von dieser Abmachung aufs tiefste erregt und 
trug sich mit dem Gebanken, durch deu Auschlnß an Rußland ein Gegengewicht 
gegen Österreich und Frankreich zu suchen; indes hinderte sein baldiger Tod 
den Abschluß eines bestimmten Vertrages. — In den Jahren 1796 und 1797 
suchte der König in Pyrmont Linderung von seinen Leiden. Als er im Angust 
des letztgenannten Jahres von dort zurückkehrte, erklärten ihn die Ärzte für 
genesen, und Berlin beeilte sich, zur Feier seiner Genesung ein großes Fest für 
den ..Vielgeliebten" zu veranstalten. Dasselbe wurde mit Glockengeläute und 
. Posannen von den Kirchtürmen eingeleitet. Volksspiele wurden auf den öffent¬ 
lichen Plätzen gehalten, abends war Feuerwerk und Beleuchtung ber Straßen. 
Die Stadt gab im Börsensaal ein großes Fest. und überall ließ sich der König 
sehen. Aber die Genesung war nur eine scheinbare gewesen. Tie auf Brust- 
wassersucht deutenden Krankheitserscheinungen traten bald in verstärktem Maße 
wieder auf. Ant 29. September 1 797 sah er Berlin zum letztenmal. An diesem 
Inge siedelte er in das von ihm erbaute Marmorpalais am Heiligen See bei 
Potsdam über, das er vor seinem Ende nicht mehr verlassen sollte. Die Gräfin 
Lichtendit, die er in Besorgnis um ihre Zukunst vergeblich aufgefordert hatte,, 
sich beizeiten mit einer reichen Ausstattung nach England in Sicherheit zu 
bringen, wurde jetzt feine unermüdliche Krankenpflegerin, indem sie erklärte, ihn 
in dufent Zustande nicht verlassen zu können. Körperlich und geistig gebrochen, 
sah Friedrich Wilhelm auf feine Regierung zurück, die nach kurzem Glanze das 
Scheitern vieler wohlgemeinter Bestrebungen gebracht hatte. Aber trotz Schlaf¬ 
losigkeit und Lchmerz blieb er heiteren Geistes. Als ein Blutgefchwür zu seinem 
Leiden hinzutrat, sagte er: „Ich halte das für das geringere meiner Leiden. * 
Karl \ . pflegte zu sagen: Ein kleiner Ranch beißt nicht." Er ließ sich gern 
aus früheren Jahren unb Feldzügen erzählen. Er schrieb seine Krankheit be¬ 
sonders den Kriegsbeschwerden unb bcm schlechten Wasser in Polen zu. Drei 
Jage Vor seinem Tobe Verließ ihn bie Hoffnung auf Genesung. Er sagte: 
„Ich bin ein Mensch unb muß wie ein anbercr Mensch leiben; aber ich bitte 
Gott, baß er meine Leiben mir möge ertragen helfen," unb faltete öfter betend 
seine Hände. Zwei Tage vor feinem Tode sagte er zu den Umstehenden: „Ich 
habe meine Pflicht gethan -— und die Felbzüge haben mir geschahet." Am 
15. November hatte er mit feiner Gemahlin, ber Königin, unb mit beut Kron¬ 
prinzen bie letzte Unterrebuug. Beibe verließen bas Sterbelager mit Thränen. 
Ter ersteren sprach er mit gebrochener Stimme fein Bebauern barüber ans, 
sie zuweilen gekränkt zu haben, bcm Kronprinzen erteilte er mit einigen Ab- 
schiebsworten, bie von vielen Atmuugsbeschwerden unterbrochen würben, seinen 
Väterlichen Segen. Der Abschieb von ber Königin unb bem Kronprinzen hatte 
ihn so angegriffen, ba|5 er die übrigen Kinder nicht mehr an sein Lager vor¬ 
ließ. Auch die Gräfin Lichtcnau war. bei bem letzten (Seufzer bes Stcrbcnbcn 
nicht zugegen. Angeblich jvon beu Anstrengungen ber Krankenpflege erschöpft, 
ließ sie sich in ihre in ber Nähe bcs Marniorpalais telegene Wohnung bringen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.