Full text: [Teil 6 = (6. Schulj.), [Schülerbd.]] (Teil 6 = (6. Schulj.), [Schülerbd.])

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46. Das WMoselthal und seine Bewohner. 
In dem etwa 13 Meilen langen und eine Meile breiten Moselthale 
von Trier bis Koblenz gibt es über 200 Wohnorte mit etwa 140000 
Menschen, die meist vom Weinbau leben. Die vielfachen Krümmungen 
der Mosel bewirken, daß die Uferabhänge eine sehr mannigfache Stellung 
zur Sonne haben. Hier ist ein kleiner, ein oder zwei Stunden langer 
Busen, dessen Abhänge ganz nach Süden gekehrt sind, in dessen Felsen— 
klüfte die Sonnenstrahlen heiß hineinfallen und die Reife des Weines 
vorzüglich begünstigen. An diesen Abhängen ist dann jedes Fleckchen für 
den Weinbau in Anspruch genommen und mit Reben besetzt. Bald ist 
ein solcher Busen auf der rechten Seite des Flusses, bald, wenn dieser 
eine große Windung macht, wieder auf der linken. Solche ganz dem 
Süden zugekehrte Busen erzeugen die schönsten Weine, und hier strebt 
jedermann, ein kleines Gebiet zu gewinnen. Andere Felswände sind mehr 
nach Osten oder Westen gerichtet; sie bringen die mittleren Weinsorten 
hervor. Endlich gibt es auch Abhänge, die ganz nach Norden liegen; 
diese liegen etwa ganz oder doch einen großen Teil des Tages und Jahres 
im Schatten. Sie sind kalt und für den Weinbau ganz ungeeignet; doch 
werden auch sie benutzt. Sie sind mit den sogenannten Lohhecken oder Rode— 
hecken bedeckt, einem niedrigen Eichengebüsche. Die jungen Eichen werden von 
Anwohnern der Mosel geschält, und die Rinde wird an die Lohgerber ver— 
handelt. Fünfzehn Jahre läßt man die Gebüsche gewöhnlich wachsen, dann 
haut man sie um und benutzt das gewonnene Holz zu Weinbergspfählen. 
Manche Dörfer lösen jährlich 60490000 Mark aus der Lohe und dem Holze 
ihrer Hecken. Auch diese Eichenpflanzungen liegen wegen der vielen Krüm— 
mungen des Flusses bald auf dem linken, bald auf dem rechten Ufer des— 
selben; sie wechseln überall in kurzen Zwischenräumen mit den lachenden 
und wohlgeordneten Weinbergen und mit den freundlichen Wiesen ab. 
Die Bergabhänge, an denen der Wein gepflanzt wird, sind höher als 
an allen anderen deutschen Flüssen. Stufen erheben sich über Stufen, 
und selbst die höchsten Spitzen bieten noch Reben dar. Diese übereinander 
angelegten Terrassen nennt man Chöre, es sind manchmal 20 — 30 über— 
einander. Auf die mannigfaltigste Weise hat man sie angelegt. Die 
Felswände sind hier nämlich von Natur sehr zackig, zerklüftet und schräg 
abgedacht. Um nun so vielfach geeignetes Land zu gewinnen, daß etwas 
Erde und die Wurzeln des Weinstocks haften können, hat man oft große 
Bauten unternehmen müssen. Zuweilen führen große Brücken über die
	        
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