91. Rübezahl.
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91. (93.) Rübezahl.
Man Rübezahl, dem Berggeist des Rtefengebirges, erzählt man stch gar
wunderliche Dinge. Gr lebte gewöhnlich in seinem unterirdischen Reiche.
So oft er aber die Oberwelt besuchte, trieb er mit den Reisenden Kurzweil
und mischte stch auf mancherlei Weise in die Geschäfte derer, die sein Gebiet
betraten. Bald zog er die Wolken zum Regen zusammen, erregte plötzlich
Sturm und Gewitter und leitete die Wandernden irre im unwegsamen Ge¬
birge. Bald zauberte er wieder in die wüsteste, wildeste Gegend einen wunder¬
schönen Palast oder ein willkommenes Wirtshaus, dessen Wirt er selbst war,
ber nun seine Gäste auf die mannigfaltigste Weise neckte und foppte.
Den betrügerischen Rotztäuschern zeigte er stch oft auf einem prächtigen Rosse
als ein vornehmer Herr, und wenn ste sich verleiten lietzen, ihm das schöne
Pferd abzuhandeln, verwandelte es stch nach kurzer Zeit in einen Stroh¬
wisch. Traf er dagegen verarmte Edelleute, die auf mageren Pferden kummer¬
voll durch das Gebirge ritten, kam er ihnen entgegen als ein stattlicher Ritter,
Uetz sich mit ihnen in ein Gespräch ein und suchte durch irgend eine aufge¬
stellte ungereimte Behauptung eine Wette zu veranlassen; er selbst verlor
dann, und der Glückliche zog im prächtigen Anzüge auf dem schönen Pferde
dahin und fand autzerdem noch, wenn er das Gebirge hinter stch hatte, feine
Taschen mit grotzen Rollen von Gold angefüllt. Wenn aber lockere Aben¬
teurer, die so etwas erfahren hatten, feine Wohlthätigkeit auf ähnliche Weife
in Anspruch nehmen wollten, so wurden sie empfindlich getäuscht. Bas Kleid
verwandelte stch dann in Laub, das Pferd in einen Stock, was aber der Reiter,
verblendet, nicht merkte und so in dem lächerlichsten Aufzuge durch die Dörfer
ritt. — Arme Frauen, die Kräuter fuchten, überredete Rübezahl, als Wan¬
derer erscheinend, die Kräuter aus dem Korbe zu werfen; worauf er diesen
wit trocknem Laube anfüllte. Nachdem er stch entfernt hat, wird der Korb
schwer und immer schwerer, bis die Frauen, der übermätzigen Last erliegend,
den unnützen Haufen, in der Meinung, betrogen zu fein, von sich werfen.
Aber wenn sie nach Haufe kommen, entdecken ste mit Erstaunen, datz die
wenigen Blätter, die am Korbe hängen blieben, in Gold verwandelt sind.
Auf die Hochzeitsfcste armer Leute in den Gcbirgsörtern begab er stch
oft als fröhlicher Gast, tanzte mit der Braut und überreichte ihr ein un¬
scheinbares seidenes Band, dem Bräutigam aber eine Silbermünze. Rach feiner
Entfernung war aus dem Bande ein kostbarer Schmuck, aus der L'ilber-
ckünze ein schweres Goldstück geworden. —
Einstmals Iran: Rübezahl nach Hirfchberg, bot einem Bürger feine Dienste
als Holzhacker an und forderte für feine Bemühung nicht mehr als eine Hucke