Streit wegen des spanischen Throns 1870. 145
ftimmung zu kümmern, die Angelegenheiten Deutschlands
ordnete und alle ihre Absichten auf Machterweiterung zu
Schanden gemacht hatte. Dafür mußte es gestraft werden;
wie man früher gerufen hatte: „Revanche für Waterloo!"
so hieß es jetzt: „Revanche für Sadowa!" Napoleon, ge¬
drängt von der Kriegspartei, den sog. Chauvinisten, zu denen
auch die Kaiserin Eugenie mit der ultramontanen Partei
gehörte, mußte sich entschließen, gegen Preußen in den Krieg
zu ziehen, um die frühern Fehler wieder gut zu machen, um
das Versäumte nachzuholen. Eine Besiegung Preußens schien
den Franzosen leicht. Man fand auch bald einen Vorwand
zum Krieg. Die Spanier, welche im Jahre 1868 ihre
Königin Jfabella II. vom Thron und aus dem Lande ge¬
jagt hatten, wählten sich den Erbprinzen Leopold von
Hohenzollern, der mit dem hohenzollernschen Hause auf
dem preußischen Throne verwandt war, zu ihrem König
(Juni 1870). Da behauptete die französische Regierung,
wenn Preußen einen seiner Prinzen auf den spanischen
Thron setze, so werde dadurch Frankreichs Ehre verletzt und
feine Macht geschädigt, und forderte von dem König von
Preußen, daß er den Prinzen von Hohenzollern zum Rück¬
tritt nötige; wo nicht, so sei Frankreich zum Kriege genötigt.
Der König Wilhelm antwortete, er habe keinen Grund, sich
in die Sache einzumischen, und könne dem Prinzen die An¬
nahme der spanischen Krone nicht verbieten, obgleich er ihm
abrate; es sei dies eine Privatsache des Prinzen von Hohen¬
zollern. Der Krieg schien unvermeidlich. Da verzichtete
der Prinz auf den Thron Spaniens, um Deutschland den
Krieg zu ersparen, und'somit war denn auch aller Vorwand
zum Krieg beseitigt. Aber die französische Kriegspartei war
mit dieser Wendung durchaus nicht zufrieden und suchte nach
einem andern Vorwand.
_ Als am 13. Juli der alte König Wilhelm zu Ems sich
auf der Promenade erging, trat der französische Botschafter
Benedetti zu ihm und verlangte im Auftrag seiner Regierung
das Versprechen, daß niemals in Zukunft ein hohenzollern-
scher Prinz auf die Bewerbung um den spanischen Thron
Stoll, Erzählungen. V. 10