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Aber auch lange nachher, wenn ich in der Schule das siebente Gebot
aufsagen sollte, dachte ich mit heftigem Herzklopfen an jenen Morgen.
Als ich nach einigen Jahren die Schule verließ, wurde ich Lehrling
bei einem Kaufmanne in Bremen; von dort ging ich später nach Süd¬
amerika. Hier kam ich wohl manchmal in Versuchung, in Kaufmanns-
geschäften andere zu betrügen und so die Hand nach fremdem Gute
auszustrecken: aber dann war es mir immer, als fühlte ich von neuem
die Ohrfeige, und ich erinnerte mich der Worte: ,Laß es zugleich das
letztemal fein!* So bin ich ehrlich geblieben, und in dem Vermögen,
welches ich mit herübergebracht habe, ist kein Pfennig unrechten Gutes.
Gott sei dafür gelobt!"
4. So erzählte der junge Mann; dann aber ergriff er die Hand
des Herrn Müller und sagte: „Darf ich nun diese Hand, die mir eine
Wohltat erwiesen hat, recht dankbar drücken?"
Oldenburger Volksbote.
95. Sprüche auf den Lebensweg-.
„Morgen, morgen, nur nicht heute!“
sprechen alle faulen Leute.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Aller Anfang ist schwer.
Wer den Kern essen will, muß die Kuß knacken!
Was man nicht im Kopfe hat, muß man in den Beinen haben.
Wer seine Schuh’ kann selber flicken,
der soll sie nicht zum Schuster schicken.
Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.
Wenn dich die bösen Buben locken, so folge ihnen nicht.
Was du nicht willst, daß man dir tu,
das füg auch keinem andern zu.
Vertrau auf Gott,
er hilft in der Kot.
V olksmund.