Full text: (Für das 4. Hilfsschuljahr) (Teil 2, [Schülerbd.])

§. 633. 634. Das katholische Kirchenthum. 
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b) Das Tridentiner Concil. 
§. 633. Zweimal war die dringend verlangte Kirchenversammlung bereits eröffnet 
worden (1545—48; 1551—52), ohne zum Ziel zu kommen. Große politische Ereignisse 
brachten sie auf einige Zeit in Vergessenheit; aber nach Abschluß des Augsburger Reli¬ 
gionsfriedens und nach Beendigung der spanisch-französischen Kriege durch den Frieden 
von Chateau-Cambresis (§. 637) wurde die Mahnung, das begonnene Werk zu 
vollenden, mit größerem Ungestüm erneuert, so daß Pius IV. das innere Widerstreben 
bezwang und am 8. Januar 1562 die Sitzungen eröffnen ließ. Damit begann die 
dritte Periode des Tridentiner Concils. Die Geschäftsführung lag in den 
Händen des päpstlichen Legaten; die Beschlüsse wurden durch Stimmenmehrheit der an¬ 
wesenden Bischöfe und Ordensvorsteher gefaßt, wobei die Italiener, welche die Mehrzahl 
bildeten, das päpstliche Interesse gegen die Opposition der spanischen und französischen 
Bischöfe verfochten. Theils dadurch, theils durch Verhandlungen mit einzelnen Höfen 
und Prälaten erhielt die römische Partei zuletzt einen vollständigen Sieg. Nach der 
25. Sitzung wurden die Verhandlungen plötzlich für geschloffen erklärt, worauf Pius die 
gefaßten Beschlüffe bestätigte, aber deren Auslegung allein dem römischen Stuhl vorbehielt. 
Diese Beschlüsse bilden die Grundlage der katholischen Kirche. Sie wurden in 
den meisten italienischen Staaten, sowie in Portugal, Polen und vom Kaiser unbedingt 
angenommen, in Neapel, Spanien und Belgien mit Vorbehalt der königlichen 
Rechte, in Frankreich nur hinsichtlich des Glaubens. Auf den Gang des Triden¬ 
tiner Concils (in dem die Katholiken ihre Reformation erblickten) übte die Be¬ 
wegung, die dem Protestantismus seine Entstehung gab, eine unverkennbare Rückwirkung. 
Zu ven einflußreichsten Wortführern gehörte der Jesuitengeneral Lainez und der fran¬ 
zösische Cardinal von Lothringen (Gnise). 
In den Glaubensbestimmungen hielt sich das Tridentiner Concil an die im Mittel¬ 
alter ausgebildeten und bisher gültigen Dogmen, nur daß es dieselben einer Revision unter¬ 
warf und sie in möglichst weite Formen und unbestimmte Ausdrücke kleidete, damit 
ängstliche Gewissen nicht auf Bedenklichkeiten geführt würden. Da allen Glaubenssätzen das Siegel 
der Unfehlbarkeit aufgedrückt wurde, so war die einem jeden Dogma beigefügte Verdammung 
iAnathem) aller derer, die dasselbe entweder läugueten oder unkirchlich auslegten, eine natürliche 
und nothwendige Folge, so sehr auch dadurch die Spaltung zwischen den Consessionen vergrößert 
ward. Im Uebrigen stellte die Synode eine gereinigte Sittenlehre her, wie es schon Papst 
Adrians VI. Absicht gewesen (§. 574), begründete eine strengere Kirchenzucht, schärfte den 
Bischöfen die Pflichten ihres Amtes, namentlich die Beaufsichtigung ihres Klerus ein, 
führte manches Altkirchliche zurück und schaffte viele Mißbräuche ab. 
Da das Tridentiner Concil als die Standarte der katholischen Kirche angesehen 
ward, so fanden fortan keine weitern Synoden statt und die Repräsentativ-Ver- 
faffung der mittelalterlichen Kirche mußte einer absolut-monarchischen weichen. 
Auf diese Weise wurde jedem Streben nach Reformen und Neuerungen vorgebeugt und 
der Charakter der Stätigkeit (Stabilität) dem Katholicismus aufgedrückt, wo¬ 
gegen das Wesen des Protestantismus Fortbildung und freie Schriftforschung ist. 
Die katholische Kirche hat den Vorzug der Einheit und Unwandelbarkeit, sie besitzt einen 
kunst- und poesiereichen Cultus und nimmt eine unabhängige, selbständige Stellung dem 
Staate gegenüber ein. Die protestantische Kirche steht in diesen Punkten der Schwester¬ 
kirche nach; aber sie besitzt dafür das hohe Gut der Freiheit; sie herrscht auf dem Ge¬ 
biete der Wissenschaft, und die neuere Theologie und Philosophie verdanken derselben ihre 
Ausbildung. Von der katholischen Kirche und ihren Oberhäuptern ging die Idee der 
absoluten Monarchie aus, wogegen sich der Protestantismus gern in ständischen Formen 
bewegte. 
e) Die römische Hierarchie. 
§.634. Die Päpste (vgl. §. 574). Unter den Päpsten des sechszehnten Jahr» 
Weber. Geschichte H. 7 
1559. 
1562. 
1563.
	        
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