Sommervöglein schöner
Art
liegt in der Hülle wohlverwahrt,
es weiß von Kummer nicht noch Klag',
harrt still auf seinen Ostertag.
Und währt's auch lang, er kommt
gewiß,
bis dahin schläft es sanft und süß.
6. Doch wenn im Lenz die Lerche singt,
die Sonne warm die Luft durch¬
dringt:
sieh, dann erwacht's in jedem Grab
und streift sein Totenhemdchen ab,
und wo sich nur ein Löchlein zeigt,
schlüpft's Leben 'raus so frisch und
leicht.
hungrig Spätz-
lein her,
ein Krümchen Brot ist sein Begehr.
Es sieht uns so erbärmlich an,
muß lange nichts gegessen Han.
Gelt, Bürschchen, wohler mag dir
sein,
harrt Korn in allen Furchen dein.
8. Hier! laß auch was dem spätern
Gast!
Komm wieder, wenn du Hunger hast!
Es muß doch wahr sein, wie man
spricht:
sie säen nicht, sie ernten nicht,
sie haben weder Pflug noch Joch,
und Gott im Himmel nährt sie doch.
Nach Johann j)eter Hebel.
130. Winterlied.
1. Wie ruhest du so stille
in deiner weißen Hülle,
du mütterliches Land!
Wo sind des Frühlings Lie¬
der,
des Sommers bunt Gefieder
und dein beblümtes Festge¬
wand?
2. Du schlummerst nun ent¬
kleidet,
keinLamm nochSchäfleinweid et
auf deinen Au’n und Höhn;
der Vöglein Lied verstummet,
und keine Biene summet,
doch bist du auch im Schlum¬
mer schön.
3. Die Zweig’ und Ästlein
schimmern,
und tausend Lichter flimmern,
wohin das Auge blickt.
Wer hat dein Bett bereitet,
die Decke dir gespreitet
und dich so schön mit Reif ge¬
schmückt?
4. Der gute Vater droben
hat dir dein Kleid gewoben,
er schläft und schlummert
nicht.
So schlummre denn in Frieden I
Der Vater weckt die Müden
zu neuer Kraft und neuem
Licht.