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der Kirche auf dem Begräbnisplatze seines Dorfes befand. Lr war mehr
tot als lebend und wagte kaum zu atmen. Ziehe, da kommt ein Mönch
und trägt ihn eine lange, lange Treppe hinan, schließt eine Tür auf,
drückt ihm schweigend etwas Geld in die Hand und legt ihn am Fuße des
Berges nieder. Ls war eine kalte, eisige Nacht. Allmählich erholt sich
der Schenkwirt und kriecht, ohne Tonne und wein, seinem Hause zu. Ls
schlug ein Uhr, als er es erreichte. Er mußte sich sogleich ins Bett legen
und war nach drei Tagen tot. Vas Geld, das ihm der verzauberte Mönch
gegeben hatte, reichte gerade zu seiner Beerdigung hin. 3. ©. Büjd)ing.
43. Das Zauberschloß im windberge bei Burgk.
In Burgk am windberge wohnte vor Jahren ein alter Dorfmusikant,
der in der ganzen Gegend beliebt war, denn alle Mädchen und Burschen
behaupteten, daß sich's nach seiner Geige am besten tanze. Die Beine
hoben sich wie von selbst, und auch die ungeschicktesten Tänzer mußten
Takt halten, sie mochten wollen oder nicht. Dies lag nun einmal so in sei¬
ner Geige. Notkopfs Görge, so hieß der lustige Fiedler, war also in allen
Schenken willkommen und wurde zu allen Kirmsen und hochzeitsfesten
bestell:. Lines Sonntags, als er den Bauern von Deuben zum Tanz auf¬
gespielt hatte und in der Mitternachtsstunde einsam nach Hause ging,
überrechnete er den Lrtrag seiner Geige und dachte dann an den künftigen
Sonntag, zu welchem er wieder bestellt war. So verging ihm die Zeit,
und unvermerkt kam er zum windberg. Da fiel ihm auf einmal das
Zauberschloß ein, von welchem er in seiner Jugend soviel gehört hatte,
daß es im Innern des Berges stehen solle — auch auf dem Gipfel des
Berges soll früher ein Schloß gestanden haben — und er sprach bei sich
selbst: ,Du bist doch nun schon manches liebe Jahr und zu jeder Stunde
der Nacht vorübergegangen und hast noch niemals etwas von diesem
Zauberschlosse gespürt, wer weiß, ob es wahr ist. Mir sollte niemand er¬
scheinen und gebieten zu folgen, ich faßte mir wirklich ein herz und
füllte meine Tasche mit Gold. Ja, wer nur den Eingang ins Zauberschloß
wüßte!" „Den will ich dir zeigen," erwiderte ihm ein Mann, den er nie¬
mals gesehen, und der ihm jetzt gerade in den weg trat. Der arme Görge
erschrak so gewaltig darüber, daß er nicht einmal zurückzutreten vermochte,
und so freundlich auch immer die Antwort des Unbekannten erklang, so
sah es doch um das herz, das er sich vorhin zu fassen getraute, gar jäm¬
merlich aus. „Komm, folge mir getrost," versetzte der Berggeist, „du
wirst im Schlosse von einer hohen Gesellschaft erwartet, um ihr zum
Tanze aufzuspielen,- sie wird dich genüglich bezahlen, daß du dein Lebe¬
lang hast, was du brauchst; aber hüte dich ja, im Schlosse zu reden, und