Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

Noll: D. Raubvögel i. Winter. Marshall: Elternfreuden u.-sorgen d. Vögel. 269 
es zitternd nicht aufrecht zu erhalten vermag. Ja, eigentlich ist es, 
bei Lichte besehen, ein kleines Scheusälchen, wie es da unbehilflich 
piepend und murksend sich wälzt und seinen ungeheuren Rachen mit 
dickem, gelbem Rande aufreiht. Die Kanarienmama findet sich mit 
weiblichem Instinkt bald und leicht in die neue Lage, aber äußerst 
komisch ist der Hahn, namentlich wenn ihm Vaterfreuden zum ersten 
Male in seinem Leben blühen. Er weih offenbar gar nicht recht, 
was er davon denken soll; so hatte er sich seine Nachkommenschaft 
denn doch nicht vorgestellt, und von allen Seiten beguckt er sich den 
Wechselbalg immer wieder mit erstaunten Augen. Aber die Mama 
entzieht ihm bald den ungewohnten Anblick, denn sie seht sich jetzt 
wärmend, trocknend und schützend über den armen, nassen Nacktfrosch, 
sie „Hubert" ihn. Das Hudern oder Nachbrüten dauert bei den Nest¬ 
hockern mehrere Tage, während die Nestflüchter schon nach wenigen 
Stunden damit fertig sind, ja die Küchlein der seltsamen australasia¬ 
tischen Talegallahühner nicht einmal dieser kurzen Zeit bedürfen; sie 
sind die frühreifsten Vogelkinder, denn sie können fliegen, wenn sie 
aus dem Ei kommen. Wie sauer wird dagegen die Elternschaft den 
Papageien, die ihr kleines Gesindlein drei bis vier Wochen im Neste 
behalten, und den armen kleinen Sturmschwalben vollends, deren 
Junge Ende Juni ausschlüpfen, aber erst Ende November flügge sind! 
Und dabei alle Jahre die Kleinkinderwirtschaft! Wenn so ein Sturm- 
schwälbchen zwölf Jahre alt wird, so hat es fünf Jahre lang nur seine 
Kinder zu warten. 
2. 
Ist nun die kleine Gesellschaft beisammen, so geht der wahre Tanz 
erst los! Haben sie auch sonst nicht viel mit auf die Welt gebracht, 
eine Ehlust entwickeln sie, die großartig ist und die Alten vom Tages¬ 
anbruch bis zum Abend nicht recht zu Atem kommen läßt. Lieber 
Himmel! wie müssen die Tierchen arbeiten ums tägliche Brot für sich 
und ihre Kinder, und wie gern und unermüdlich tun sie es! Ich kenne 
manchen und manche, die könnten sich ein Beispiel daran nehmen! 
Vielfach bringen die Vögel für ihre Kinder, wie der Mensch, eine be¬ 
sondere Ernährungsweise in Anwendung. Die erste Nahrung, welche 
die jungen Insektenfresser erhalten, sind weiche Kerbtiere, zarte Räup- 
chen, bei vielen mit Vorliebe Spinnen, langsamer Hand werden auch 
härtere, grob zerkleinerte Insekten mit verfüttert.
	        
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