Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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IX. Aus dem Naturleben. 
Nun, so ganz still ist es dann doch nicht im Walde. Wenn 
auch die Baumwipfel ihr Rauschen eingestellt haben, so rauschen 
und murmeln doch immer noch Quellen und Bäche. Daß es 
die Schlafenszeit der Pflanzen ist, gibt sich bei einigen in ihrem 
Äußern kund, beim allerliebsten Waldsauerklee z. B. dadurch, 
daß er seine Blättchen nach unten zusammenfaltet, während 
umgekehrt der Wiesenklee, der auch gern auf Waldwiesen und 
an Waldrändern wächst, am Abend seine drei Blättchen — mit¬ 
unter, wenn auch selten nur, sind es ihrer vier — nach oben hin 
zusammenlegt. Dann gibt es Waldpflanzen, die am Abend erst 
aufblühen und zu duften anfangen. Dazu gehört das reizende, 
an Bäumen sich emporwindende Sträuchlein Jelängerjelieber oder 
Kaprifolium, dann die Abendlichtnelke, die Nachtviole, und noch 
ein paar andere der Art gibt es. Was für ein Grund zu ihrem 
Verhalten vorliegt, das sieht man beim genaueren Nachschauen 
leicht ein: sie halten, wie von Wirten gesagt wird, die Nacht 
über offen, weil sie dann Gäste erwarten, die bei ihnen einkehren 
und speisen oder trinken wollen. Nachtfalter sind es, die sie bei 
Mondlicht oder auch im Finstern umschweben. Und auch unter 
den größeren Tieren gibt es so manche, die während der ganzen 
Nacht sich Nahrung suchend im Walde umhertreiben. Von den 
Vögeln sind es die Eulen und Käuzchen, deren „Witohul“ aber¬ 
gläubischen Leuten so „graulich“ klingt. Von dem Uhu kann kaum 
mehr geredet werden, da er sehr selten geworden ist. Ich habe einen 
lebend gesehen, der in einer sogenannten Krähenhütte, nicht als 
Vogelscheuche, sondern als Lockvogel ein beklagenswertes Dasein 
führte. Einen anderen Uhu, der noch der Freiheit sich erfreute, 
habe ich rufen hören im Walde. Zu sehen bekam ich ihn bald 
darauf, als er leider gefangen, umgebracht und ausgestopft war. 
Dann ist ein interessanter Nachtvogel des Waldes die Nacht¬ 
schwalbe, auch Ziegenmelker genannt. Sie liegt den Tag über, 
wie ich sie auch gesehen habe, schlafend platt auf dem Boden 
im Gras oder Heidekraut, und man muß schon genau zusehen, 
um zu erkennen, daß es ein Vogel und was für einer es ist. Dann 
läßt man ihn natürlich ungestört liegen. 
Ein Mittelding zwischen Vogel und Vierfüßler ist dann die 
Fledermaus, die auch gern im Walde wohnt, mit ihrem Zickzack¬ 
fluge. Mit viel Interesse habe ich sie schon beobachtet, als ich
	        
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