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bauet und pflanzet, säet und begießet mit Lust, nachdem ihm Gott hat gegeben
seine Gaben reichlich.“
Beide Männer waren nun eifrig thätig, die Reformation ins Leben
einzuführen. Die Mißbräuche in der Kirche wurden beseitigt, die lateinische
Messe abgeschafft, den Mönchen Freiheit erteilt, die Klöster zu verlassen, den
Geiftlichen erlaubt, in die Ehe zu treten. Auch Luther legte das Mönchs—
kleid ab und verheiratete sich mit Katharina von Bora, einer tugend—
samen Jungfrau, die früher Nonne gewesen war. Für den neuen evan—
gelischen Gottesdienst besorgte Luther ein Gesangbuch mit schönen, kräftigen
10 Liedern; für den Unterricht im Christentum schrieb er einen trefflichen Kate—
chismus; den Gemeinden wurden tüchtige Prediger des Evangeliums bestellt
Und milt allem Eifer für Errichtung christlicher Schulen gesorgt. Und bald
hatte sich die Reformation nicht nur in Sachsen befestigt, sondern sie fand
auch in vielen anderen Gegenden Deutschlands Eingang bei Fürsten und
ib Volk und verbreitete sich selbst schon in fremden Ländern.
Aber wie⸗ Trat denn der Kaiser dem Fortgange des Reformations⸗
werkes nicht entgegen? Hatte er doch über Luther und dessen Anhänger die
Reichsacht ausgesprochen und erklärt, daß er die neue Lehre mit aller Macht
mnlerdrücken werde. Aber der gewaltige Herrscher konnte mit dem geringen
20 Mönche von Wittenberg uicht fertig werden. Gott hatte es gefügt, daß er
in viele Kriege verwickelt wurde, die ihn Jahre lang ganz von Deutschland
fern hielten. Und als er nun endlich einen Reichstag in Speier halten
ließ, auf welchem die weitere Verbreitung der Reformation verboten wurde,
da fühlten sich die Anhänger Luthers schon stark genug, daß sie dagegen offen
zs protestierten, d. h. sich gegen jede Hemmung der evangelischen Lehre ver—
wahrten. Seitdem nannte man sie Protestanten. Ein Jahr darauf, 1530,
verfammelte der Kaiser einen Reichstag in Augsburg. Da schrieb Me—
lanchthon ein Büchlein, in welchem er das Ganze der reformatorischen Lehre
zusammenfaßte; und die evangelischen Fürsten überreichten diese Schrift,
z0 welche daher die Augsburger Confesfion (Glaubensbekenntnis) genannt
wird, dem Kaiser. Der Kaiser verbot von neuem die Verbreitung der Re—
formation und schien jetzt wirklich gegen die Protestanten Gewalt brauchen
zu wollen. In dieser Bedrängnis tröstete Luther die Seinen mit dem Liede:
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Ein' feste Burg ist unser Gott,
Ein' gute Wehr und Waffen;
Er hilft uns frei aus aller Not,
Die uns jetzt hat betroffen.
Und Gott half wirklich. Kriegsgefahren, die dem Reiche durch äußere Feinde
drohten, verhinderten den Kaiser noch Jahre lang, gegen die Protestanten
10 zum Schwerte zu greifen.
So hatte Luther den Trost, daß um seiner Lehre willen kein Krieg
entzündet wurde, so lange er lebte. Unablässig riet er zum Frieden. Man
sollte, meinte er, alle Sachen der Religion Gott anheimstellen, der werde
eher und besser sorgen als irgend eine bewaffnete Macht. Doch er ahnte
5 wohl, daß der Krieg nicht ausbleiben werde. „Wenn ich sterbe“, sagte en
„so betetl Es wird wahrlich des Betens brauchen, und unsere Kinder werden
Nüssen nach den Waffen greifen, und wird in Deutschland übel stehen.