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IV. Sagen.
Jammern von allen Seiten im Palast und in der Stadt Worms,
denn allen war der Held teuer gewesen. Besonders aber jammerte
Siegmund, der alte König, der nun des herrliehen Sohnes
beraubt war. Niemand konnte ihn und Kriemhild trösten. Mau
mußte jedoch daran denken, den Toten zu bestatten. Es wurde
ein Sarg bereitet von Silber und Gold, darin trug man den
Helden in der Frühe zum Münster unter dem Klange der Glocken
und dem Gesänge der Geistlichen. Unter dem Gefolge befand
sich auch Günther und selbst der treulose Hagen. Um den
Mörder vor allen Leuten zu überführen, sprach Kriemhild: „Wer
unschuldig ist an dem Morde, der trete getrost an den Toten
heran; wenn aber der Mörder in der Nähe ist, so werden die
Wunden wieder bluten.“ Als nun Hagen herantrat, floß das
Blut wieder so stark aus den Wunden wie zuvor, als Siegfried
getötet wurde. Da erkannten alle, daß Hagen der Mörder war.
Mit grosser Pracht und unter lautem Weinen und Klagen
des Volkes wurde Siegfried in Worms begraben. Traurig kehrte
König Siegmund nach den Niederlanden heim, um für den Enkel
zu sorgen; Kriemhild aber blieb in Worms zurück. Sie war
so in ihr Leid versunken, daß sie nichts fragte nach ihrem
Reiche, und daß sie sich auch um den Sohn nicht kümmerte.
Dagegen sann sie Tag und Nacht darüber nach, wie sie den Tod
ihres teuren Mannes an den Mördern rächen könnte. So lebte
sie in der Stille dreizehn Jahre in Worms, ohne mit ihrem
Bruder Günther zu sprechen, ohne Hagen jemals anzusehen. Um
sie zu versöhnen, ließ Günther den großen Schatz, den Hort
der Nibelungen, nach Worms bringen und lieferte ihn der
Schwester aus. Als sie nun aber reiche Spenden von ihren
Schätzen gab, fürchtete Hagen, sie werde sich mit dem Gute
zu viele Freunde erwerben; daher raubte er ihr den Schatz und
versenkte ihn tief in den Rhein. Dort liegt er zwischen Lorsch
und Worms bis auf den heutigen Tag. Kriemhild aber wurde
durch diese Gewalttat aufs neue zur Rache angespornt.
HO. Rriemhild wird Etzels Weib und nimmt Rache für
Liegfrieds Tod.
M. Spieß und Beriet. Weltgeschichte in Biographien. Erster Kursus. Leipzig u. Frankfurta.M.
1. Kriemhild nimmt Etzels Werbung an, und die
Burgunden ziehen auf ihre Einladung nach Ungarn.
Nach dreizehn Jahren sandte der Hunnenkönig Etzel den Mark¬
grafen Rüdiger von Bechelarn nach Worms und ließ um Kriem-