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95. Die Hunnen. Von Friedrich Wilhelm Weber.
1. Sie schleichen, wie der Nebel schleicht,
der nachts vom Moor zum Berge steigt,
der Busch und Baum und Menschenkind
im Schlaf mit eklem Gift umspinnt;
sie brechen gleich dem Sturm hervor,
der Tannen knickt wie dürres Rohr,
dem Strome gleich, der überschwillt
und Stadt und Dorf mit Jammer füllt:
Die Hunnen, die Hunnen!
2. Der graue Wolf ist nicht so schlimm,
der Bär im Zorne nicht so grimm;
kein Fuchs, der durch die Heide schweift,
kein Marder, der im Hofe streift,
in Feld und Wald kein wildes Tier
ist ihnen gleich an List und Gier.
Glaubst du sie fern, so sind sie nah,
glaubst du sie fort, so sind sie da:
Die Hunnen, die Hunnen!
3. Sie ziehn heran mit Rind und Roß,
mit Schaf und Hund, ein wüster Troß.
Ihr Wagen kracht von Beute schwer;
Werwölfen gleicht das Männerheer,
wie Valandinen1) sind die Fraun,
wie Katzen ist die Brut zu schaun.
Manch Fürstenkind, manch edle Magd,
den Weidenstrick am Arme, klagt:
Die Hunnen, die Hunnen!
4. Sie schlagen den Herrn, sie rauben den Hort,
sie schleppen das Weib als Sklavin fort;
sie leeren den Stall, sie plündern den Schrein,
sie brechen den Keller und schütten den Wein;
sie schleudern ins Haus den flackernden Span,
es kräht von der Scheuer der rote Hahn;
sie werfen den Brand in das reife Korn,
und Asche weht durch Distel und Dorn:
Die Hunnen, die Hunnen!
Teufelirraen.