Full text: (Für das 5. und 6. Schuljahr) (Abteilung 1)

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muss es ja gelingen, ihr Kind zu retten, und gelingt es nieht, s0 
will sie sterben mit ihm! — Gute Mutter, die PHlammen werden dein 
Grab, und dein Kind ist gerettet. Vin Mann hatte es beim Hinab— 
stürzen ergriffon und glücklich aus dem FPeuer gebracht. Mit An- 
brueh des Tages fand man den entstellten Leichnam der edlen 
Fürstin, nur noch an dem Schmucke erkennbar. Acht LKinder 
weinten um das Mutterherz, das hienieden nieht mehr sehlug. 
Haupt. 
175. Kindesliebe. 
In Afrika, wo die Sonne so glühend scheint und der Mücken so 
viele und böse sind, daß sie die Menschen bis aufs Blut stechen, da lag 
einmal ein fremder Mann krank und elend und schlief eben ein wenig. 
Die armen Neger hatten nicht einmal eine Decke für den kranken weißen 
Mann und kümmerten sich auch nicht um ihn, und er wäre ganz verlassen 
gewesen, wenn nicht ein Knabe an seinem Bette gesessen hältte; das war 
sein Sohn. Der kleine Junge saß an dem Lager beim Vater und wachte 
und verjagte die Mücken; aber es half ihm nicht viel; denn es waren 
ihrer zu viele, und sie kamen immer wieder. Das that dem Knaben so 
leid, daß sein Vater keinen ruhigen Schlaf haben sollte, und er dachte: 
„Wenn sie nur lieber mich stächen!“ Und er sann ein Weilchen nach, — 
dann zog er leise Jacke und Weste aus, streifte das Hemd von Armen 
und Brust, und richtig, — wie die Mücken das junge Blut merkten, setzten sie 
sich alle auf den nackten Oberleib des Knaben, und der Vater schlief ruhig. 
Als er aber aufwachte und seinen lieben Jungen sah, wie er un— 
beweglich da saß und sich von den Mücken blutig stechen ließ, war's ihm, 
n gesund vom Schlafe und von der Freude, und er küßte den 
176. Der verlorene Sohn. 
Myrtill, der Hirt, lebte mit seinem Weibe in großer Armut. Beide 
waren schon alt und betagt, und den einzigen Sohn hatte der böse Krieg 
mit weggenommen. Schon viele Jahre waren verflossen, und noch immer 
hatte Walter, der Geliebte ihres Herzens, nichts von sich hören lassen. 
Vielleicht lag er begraben im fernen Frankenlande und hatte, wer wußte 
es, den Tod fürs Vaterland gefunden. — Es war ein düsterer Dezember— 
abend, und der Sturmwind pfiff schneidend durch die Bäume; der Mond 
blickte nur dann und wann unter dunklem Gewölke hervor, und einzelne 
große Schneeflocken schlugen mitunter an die Fensterlein der armseligen 
Hütte. Da hört man an die Thür pochen. Eilend steht die Mutter auf, 
um die Thür zu öffnen. 
Mutter. Wer kommt noch so spät in der Stunde der Mitternacht? 
Fremder. Ein Offizier, der sich auf der Heide verirrte, bittet um 
Obdach für diese Nacht. Ich bin ganz ermüdet und abgemattet, gutes 
Mütterchen; nehmt mich auf, ich will es Euch lohnen. 
Mutter. Ach, Herr, wie sollte eine so schlechte Hütte Euch auf— 
nehmen? Ein Lager von Stroh und Schilf paßt für keinen Offizier. 
Fremder. Laßt das gut sein, altes Mütterchen! Der Soldat ist 
daran gewöhnt in Kriegszeiten. Auch auf Stroh und Schilf läßt sich 
schlafen, wenn man müde ist und ein gutes Gewissen hat.
	        
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