140
Der Greis mit rauhem Rock und Bart
War etwas gröblich-finstrer Art
Und just kein Freund von Knabenfragen;
Ja, wenn vor noch geglücktem Fang
Ich oft schon jubelte und sprang,
Erfaßt' er unsanft mich beim Kragen.
Doch schnitzt' er Käfige daheim,
Dann sprach er wohl bei guter Stunde,
Den schwarzen Pfeifenstumpf im Munde,
Manch Weidsprüchlein, manch alten Reim
Und that mir Kriegs- und Mordgeschichten
Mit unverdroßner Müh' berichten.
Einst, da's zum Glück noch Mutterheller
In den oft leeren Taschen gab,
Kauft' ich dem alten Vogelsteller
Fast bettelnd einen Stieglitz ab.
„Da nimm ihn!" sprach er, „'s ist nicht teuer,
Ich kriegte wohl noch ein'ge Dreier;
Sieh ihn nur an! o welche Pracht!
Ja, die hat Gott im Spaß gemacht."
„Was heißt das?" fragt' ich, und der Alte
Versetzte schmunzelnd: „Setz dich her!
So unser einer lebt im Walde
Und hört von Jägern manche Mär;
So will ich dir's denn wieder sagen,
Wie sich das Ding hat zugetragen:
Als Gott der Herr die Vöglein schuf,
Ich denk' am fünften Schöpfungstag,
Da standen sie so Stuf' zu Stuf',
Wie man sie jetzt noch sehen mag,
Der Dompfaff, Rotschwanz, Meis' und Fink,
G'nug, Adler bis zum Zitscherling,
Doch all' noch erdfahl, tot und stumm
Um seinen Arbeitsstuhl herum,
Wie wohl ein Gipsmann sie zum Kauf
Jetzt stellt in seiner Werkstatt auf.
Da nahm der Schöpfer Scherb' und Topf
Und mengte bunte Farben ein,
Bemalte dem den Hals und Kopf