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Gestein, welches die Hauptmasse des Gebirges ausmacht, ringen die Be¬
wohner in harter Arbeit das tägliche Brot ab. Für Ackerbau und Obstkultur
findet sich nur an wenigen Stellen hinlänglich guter Boden und eine
geschützte Lage; so sind die Leute auf die Erträgniffe des Waldes angewiesen.
Sie sammeln das Harz von den Fichten ihrer Wälder und bereiten daraus
Pech, Ruß und Teer, sie brennen das Holz in einsamen Meilern zu Kohlen,
sie bearbeiten den gefällten Stamm drunten im Tal in der Sägemühle und
machen ihn fertig für den Zimmermann, sie brechen den Granit ihrer Berge
und polieren die großen Blöcke, wie sie z. B. König Ludwig von Bayern für
die Säulen der Befreiungshalle bei Kelheim verwendet hat, oder sie sitzen
daheim am Webstuhl in fleißiger Arbeit, ein naturwüchsig derbes und
ehrliches Völklein. In seiner Armut hofft es auf bessere Zeit, und da die
Natur ihm in Wirklichkeit die Schätze versagt hat, so beschäftigt es sich damit
in seinen Sagen. Das schwarze Venediger Männlein, das mit seiner Wün¬
schelrute die geheimen Schätze des Bodens hervorzaubert, spielt eine große
Nolle in den Sagen und Märchen, welche im Fichtelgebirge die Großmutter
den Kindern erzählt.
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121. Der Rheinfall bei Schaffhausen.
Bei Schaffhauscn hört man den Rheinfall schon toben und brausen.
Er erfolgt aber erst eine gute Strecke weiter stromabwärts, beim Züricher
Schlößchen Laufen, das auf der linken Rheinseite aus einem hohen
Felsen liegt. Dieser bildete wohl einst mit dem Steindamme, den der
Rhein hier zu durchbrechen hatte, eine fortlaufende Bergwand, von der
die Felsblöcke, die sich jetzt mitten im Strome dem Sturz entgegen-
stemmen, nur Überbleibsel sind. Die Tiefe der Felswand, welche der
Rhein herabstürzt, beträgt auf dem linken Ufer 19 m, auf dem rechten
15. Aber eben da er den Ablauf zum Hinabspringen nimmt, stemmten
sich ihm früher fünf, jetzt nur noch drei Felsblöcke entgegen, welche aus
der Wand emporragen. Einer wird gewöhnlich ganz überströmt, die
übrigen nur beim höchsten Wasserstand. Der überströmte Felsen ist dem
Schlöffe Laufen am nächsten, an dessen Fuße eine hölzerne Galerie über
dem Abgrunde, die sogenannte Fischetz, die vorteilhafteste Stellung
gewährt, um den ganzen, vollen Eindruck des erhabenen Schauspiels mit
einem Male zu gewinnen.
Schon oberhalb des Sturzes mußte sich der Strom in ein enges
Felsenbette zwängen lassen, aus dem zahlreiche Klippen emporstarren.
Schäumend vor Unmut darüber, gelangt er mit starkem Gefälle in die
Nähe der Felszacken, wo der Fall, obwohl erst allmählich, beginnt.
Beim Anprallen gegen die Felsen zerstäubt ein Teil des Wassers und