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Verdunstungsoberfläche versehen, gibt seinem Boden, gibt dem
benachbarten Lande eine große Menge des erquickenden Taues;
am Boden des dichten Hochwaldes taut es weniger, als auf der
waldumgrcnzten Wiese; der Boden des Hochwaldes, am Tage
durch die Sonnenstrahlen weniger erwärmt, wird in der Nacht
auch weniger durch Ausstrahlung erkältet. Die von Feuchtigkeit
erfüllten Luftschichten über dem Walde senken sich am stillen,
kühlen Abend als Nebel in das Tal, der Tau perlt am Morgen
auf den Wiesen, er erquickt den Acker. Wie an den Küstengegenden
die Meeresdüuste, so sorgen die Waldesdünste im Jnnenlande für
die Bewässerung des Bodens und durch dieselbe für dessen Frucht¬
barkeit.
Die Mehrzahl der Flüsse entspringen auf bewaldeten Ge¬
birgen; der Wald erhält einer Gegend seinen Wassergehalt, er
sorgt für die Flüsse, er ernährt ihre Quellen; in der Wüste versiegen
dieselben. Die ungeheuren, wasserreichen Ströme Nordamerikas
durchziehen den Urwald; ob sie so wasserreich bleiben werden,
wenn ihre Wälder verschwunden sind? Diese Winde fahren her und
hin; fällt auch auf dürrem Sande ein warmer Regen, was hilft
er diesem Sande? Begierig eingesogen, wird sein Wasser ebenso
schnell wieder abgegeben; keine Pflanzen sind vorhanden, die das
Wasser an sich fesseln könnten; nur wenige Pflanzenarten können
überhaupt auf dürrem Sande gedeihen, weil nur wenige imstande
sind, das Wasser lange festzuhalten. Unser Sandgras wächst auf
Flugsand dürrer Heiden und wird schon hier, indem es durch seine
Wurzelausbreitung den lockern Sand befestigt, nützlich. Das Sand¬
gras zeigt uns die Möglichkeit, auch Wüsteneien ganz allmählich
mit einer neuen Pflanzendecke zu bekleiden.
Wenn sich im Winter Schnee und Eis auf dem Gebirge
häuft, um vor der Sonne des Frühlings zu schmelzen, so schwellen
die Ströme plötzlich, ein Bergstrom kommt zum andern, die
Wassermasse stürzt mit Macht ins Tal hinab. Bedeckt ein Wald
des Gebirges Grund, fließen die Ströme durch fruchtbares Land,
so wird ein großer Teil des schmelzenden Schnees, der auf den
Bäumen oder unter ihnen liegt, von der lockeren Dammerde des
Bodens aufgesogen und zurückgehalten, während er da, wo ihn
der Boden nicht aufnimmt, die Wassermenge der Flüsse vermehrt.