Full text: [Abt. 2 = 6. Schulj, [Schülerband]] (Abt. 2 = 6. Schulj, [Schülerband])

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3. Da galt's, die Kinder zu ernähren; 
Sie griff es an mit heiterm Mut, 
Sie zog sie auf in Zucht und Ehren, 
Der Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut. 
Zu suchen ihren Unterhalt, 
Entließ sie segnend ihre Lieben; 
So stand sie nun allein und alt; 
Ihr war ihr heitrer Mut geblieben. 
4. Sie hat gespart und hat gesonnen 
Und Flachs gekauft und nachts gewacht, 
Den Flachs zu feinem Garn gesponnen, 
Das Garn dem Weber hingebracht; 
Der hat's gewebt zu Leinewand; 
Die Schere brauchte sie, die Nadel, 
Und nähte sich mit eigner Hand 
Ihr Sterbehemde sonder Tadel. 
5. Ihr Hemd, ihr Sterbehemd, sie schätzt es, 
Verwahrtes im Schrein am Ehrenplatz; 
Es ist ihr Erstes und ihr Letztes, 
Ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz. 
Sie legt es an, des Herren Wort 
Am Sonntag früh sich einzuprägen; 
Dann legt sie's wohlgefällig fort, 
Bis sie darin zur Nuh' sie legen. 
6. Und ich an meinem Abend wollte, 
Ich hätte, diesem Weibe gleich, 
Erfüllt, was ich erfüllen sollte 
In meinen Grenzen und Bereich; 
Ich wollt', ich hätte so gewußt 
Am Kelch des Lebens mich zu laben, 
Und könnt' am Ende gleiche Lust 
An meinem Sterbehemde haben. 
Chainisso.
	        
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