Full text: Lesebuch für berg- und hüttenmännische Fortbildungsschulen

Die Genossenschaften. 
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nun Bauherr sei und zwanzig Familien Arbeit und Brot gebe, 
da ward er gehobener Stimmung und hielt den Arbeitern eine 
Ansprache: „Ieh freue mich“, sprach er, „daß ieh mit meinem 
Kapitalbesita ein so gutes Werk schaffen kann. Was ist doch 
Geld und Gut uns wert, wenn es brach daliegt und nicht zum 
Nutzen der Menschheit gebraucht wird! Dem Eigentümer allein 
macht es nicht soviel Freude, als man meistens denkt. Mürrisch 
hütet und zählt er es, und niemals ist es ihm genug. Aber wenn 
es benutzt wird, um der unendlichen Schaffensfreude der Men— 
schen ein neues Werk zu bieten, an dem sie mit rührigen Händen 
wirken und arbeiten, und wenn dann das Werk vollendet dasteht, 
für Herz und Auge erfreulich, dann sagen wir uns: Hier hat das 
Kapital seine Aufgabe erfüllt, wie angenehm ist sein Besitz! 
Wem aber gebührt heute die größte Ehre? Ich nehme sie nicht 
für mich in Anspruch. Der Bauunternehmer ist es, der Arbeit 
und Kapital hier vereinigt hat, auf daß Arbeitslohn und Rapital- 
zins und Unternehmergewinn beweisen, wie sie sich gegenseitig 
erzeugen. Die Unternehmer sind das Salz der Volkswirtschaft.“ 
H. Mahraun, Volkswirtschaftl. Lesebuch. 
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95. Die Genossenschaften. 
In Emden an der Nordsee leben viele Fischer. die hatten 
früher zu einer Fischergilde gehört und mancherlei Vorteil davon 
gehabt; als aber die neue Gewerbeordnung von 1869 den Innungs- 
zwang aufhob, da waren viele der jüngeren Pischer nicht mehr 
beigetreten, und die Gilde war immer kleiner und bedeutungsloser 
geworden. Das bedauerte schon längst so mancher, der beim 
Pinkauf des Fischerbootes oder sonstiger Geräte in die Schuld 
des Händlers geraten war und nun von diesem nicht mehr los 
kommen konnte, so daß er nicht nur der anderen oft billigeren 
Einkaufsstellen sich gar nicht mehr bedienen durfte, sondern sogar 
seinen Fang stets zu dem Gläubiger bringen mußte, der ihm den 
Preis oft willkürlich herabsetzte. „Wie leicht“, sagte der alte 
Fischer Thomas in der Schenke am Emskai, „könnten wir doch 
wenigstens wieder einen freien Verein gründen, der den Geräte- 
kauf auf gemeinsame Rechnung besorgte! Dann würden uns die 
Händler nicht mehr so drücken.“ 
Das Wort war diesmal an der rechten Stelle gesprochen. 
dSehon am Nachmittag fand eine Versammlung statt, die die 
datzungen des neuen Vereins beriet.
	        
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