V. Parabeln.
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So hart und enge eingehüllt?
Sieh, wie es aus den Spalten quillt
5. Und zeigt der Farbe rötlichen Schein!
Und möchte gern frei und fröhlich sein!
Was hindert, ich mache das Knöspchen
auf?"
So sprach das Kind. Der Vater sagte
drauf:
„Das mußt du, liebes Kind, nicht thun,
10. Laß nur das rote Knöspchen ruhn.
Es ist ja noch so zart und klein,
Drum muß es wohl verwahret sein
Und darf noch nicht sehen den hellen Tag,
Daß Frost und Wurm ihm nicht schaden
mag.
15. Es ruht ja in Windeln weich und grün *),
Noch braucht es der heimlichen Pflege,
Bald wird es am Wege
Uns lieblich duften und blühn2)."
Fr. Ad. Kr ummach er.
251. Die Bäume.
1. Jch hab' die Bäume gar zu gerne
Und freu' mich ihrer wie ein Kind,
Weil ich aus ihrem Treiben *) lerne,
Daß sie der Menschen Freunde sind.
2. Den Knaben schon erfüllt's mit
Wonne,
Sein Herz und Auge lacht2) entzückt,
Wenn in des jungen Lenzes Sonne
Der Baum mit Blütenschnee3) sich
schmückt.
3. Und sieht der Jüngling oft betroffen
Auf seiner Bahn das Glück entfliehn,
So zeigt der Baum auf neues Hoffen
Mit seinen grünen Armen H hin.
4. Wenn in des Mittags heißer Schwüle 5)
Des Mannes Kraft ermattet sinkt,
So ist's der Bäume Schattenkühle,
Die liebevoll zur Rast ihm winkt.
5. Und wenn der Greis für seinen
Jammer
Im Winter Trost und Hilfe sucht,
So wärmen Bäume seine Kammer
Und nähren ihn mit ihrer Frucht.
6. Sinkt dann am Schluß der Erden-
träume 6)
Der Müde zur ersehnten Ruh',
So senden ihm die guten Bäume
Sechs Bretter für sein Bettchen zu').
7. Und liegt er endlich längst vergessen
Im Stübchen unterm Rasendach«),
Dann weinen Weiden und Cy-
pressen
Ihm noch so manche Thräne nach«).
Vincenz Zusner.
252. An die Jugend.
1. Drei Blümelein H, so wunderzart,
Die wachsen in einem Garten;
Wer diese Blümlein pflegt und wahrt,
Kann Segen und Heil erwarten.
„Sag' an, wo dieser Garten sei,
Und nenne uns die holden drei!"
2. Der Garten ist des Menschen Herz,
Ein fruchtender^), zarter Acker;
Die Blümlein schauen himmelwärts
Und schmücken das Kind so wacker;
Drum pfleg', o Kind, zu jeder Zeit
Fleiß, frohen Sinn und Fröm¬
migkeit!
Fr. Teipel.
253. Die Schwalben.
1. Mutter, Mutter! unsre Schwalben, —
Sieh doch selber, Mutter, sieh!
Junge haben sie bekommen.
Und die Alten füttern sie.
2. Als die lieben, kleinen Schwalben
Wundervoll ihr Nest gebaut,
Hab' ich stundenlang am Fenster
Heimlich ihnen zugeschaut.