Full text: [Untere Lehrstufe, [Schülerband]] (Untere Lehrstufe, [Schülerband])

Midas. 
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Bewohner klein gewesen, in einen prächtigen Tempel. Säulen46) treten 
unter das Dach, das Stroh des Daches wlrd zu Gold, die Thüre weitet 
sich zu stattlichen Thoren mit kunstvoller Arbeit, der Boden deckt sich mit 
Marmor. Darauf spricht Zeus mit freundlichem Munde: „Saget, recht¬ 
schaffener Greis47), und du, deines rechtschaffenen Gatten würdiges Weib, 
was wünschet ihr?" Nachdem Philemon mit seinem Weibe sich kurz be¬ 
sprochen, eröffneten sie den Göttern ihren gemeinsamen Wunsch. „Priester 
zu sein, wünschen wir, und euren Tempel zu hüten; und weil wir in 
Eintracht bis hierher unsre Tage verlebt, so möge uns beide eine Stunde 
dahinnehmen, daß weder ich das Grab meiner Gattin sehe, noch jene mich 
begraben muß." Ihrem Wunsche folgte die Erfüllung. Sie waren der 
Schutz4^ des Tempels, so lange das Leben ihnen vergönnt war. Einst, als 
sie, von Jahren und Alter entkräftet, vor den heiligen Stufen standen und 
die Wundergeschichte des Ortes erzählten49), da sah plötzlich Philemon 
seine Baukis, und Baukis sah jenen sich mit grünem Laube überdecken. 
Und während schon der Gipfel über beider Antlitz emporwuchs, wech¬ 
selten sie noch, so lange sie konnten, Worte der Liebe. „Lebewohl, o Gatte!" 
sprachen sie beide, und beiden deckte zugleich dichtes Laubwerk den Mund. 
Philemon war eine Eiche geworden, Baukis eine Lindes. 
H. W. Stoll. 
15. Midas. 
(Ovid Metam. XI, 85—193.) 
Bakchos *), der schwärmende Gott, zog einmal von Thrakien hinüber 
nach Phrygien zu den Weinabhängen des Tmölus2) und den Fluren des 
Paktölos b), dessen Fluten damals noch nicht von reichem Goldsande schim¬ 
merten. Ihn bereitete der ganze Schwarm der Satyrn4) und Bakchan- 
tinnen 5); nur Silenus6) fehlte. Während der Alte, von Wein berauscht, 
in den Rosengärten des phrygischen Königs Midas7) umhertaumelte 9), 
hatten ihn Landleute gefangen und, mit Blumenkränzen gefesselt9), zu ihrem 
König geführt. Neidas erkannte sogleich den Freund und Genossen des 
Dionysos und bewirtete ihn festlich zehn Tage und zehn Nächte. Am 
Morgen des elften Tages führte er ihn seinem jugendlichen Zögling, dem 
Bakchos, wieder zu. Der Gott freute sich, daß sein Liebling ihm wieder¬ 
geschenkt war, und gestattete dem König einen Wunsch. Midas sprach: 
„Schaffe, mächtiger Gott, daß alles, was mein Leib berührt, sich in 
funkelndes Gold verwandele." Der Gott willfahrte seinem Wunsche; doch 
bedauerte es Midas bald, daß er sich nichts Besseres erwählet. Des 
bösen *0) Geschenkes froh, entfernte sich der phrygische König und versuchte 
sogleich, ob auch die Verheißung des Gottes sich erfülle"). Er brach 
einen belaubten Zweig von einer Eiche, und sieh! — kaum kann er es 
glauben — er hält einen goldenen Zweig in der Hand; er nahm einen 
Stein von dem Boden und eine Erdscholle, Stein und Scholle sind Gold; 
er pflückte Ähren vom Halm und erntete Gold; der Apfel, den er vom 
Kehrein, Lesebuch. Untere Lehrstufe. , Z
	        
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