Höcker: Die Schlacht bei Collin. Hahn: Friedrich b. Gr. in Lissa. 135
Der König schlug, unter geringer Bedeckung und durch feindliche
Reiter vielfach belästigt, die Richtung nach Nimburg ein. Der eilige
Ritt ward nur in einem Dorfe unterbrochen, um den erschöpften
Pferden eine kurze Rast zu gönnen und sie zu tränken. Da trat ein
greiser Husar zu dem König und brachte ihm in seinem Tschako einen
Trunk Wasser. „Trinken Ew. Majestät," sprach er zu dem Monarchen,
„und lassen Bataille jetzt Bataille sein. Es ist nur gut, daß Sie
leben; unser Herr Gott lebt gewiß, der kann uns schon wieder Sieg
geben." Friedrich nickte stumm mit dem Haupt, und gleich darauf
schwang er sich wieder auf sein Roß.
In Nimburg angelangt, wartete er auf die Ankunft seines General¬
stabs. Er hatte sich auf eine hölzerne Brunnenröhre gesetzt; sein
Blick haftete starr am Boden, während er mit dem Stock allerlei
Figuren in den Sand zeichnete. So fanden ihn seine Offiziere; sie
wagten nicht, ihn seinen düsteren Gedanken zu entreißen. Plötzlich
erhob er sich, fuhr sich über die Augen und erteilte die nötigen Be¬
fehle; er hatte sich aus kurzer Betäubung wiedergefunden. Als er
dann die wenigen Mannschaften sah, die ihm von seiner herrlichen
Garde übrig geblieben waren, da füllten sich seine Augen mit Tränen.
Er kannte jeden einzelnen Mann in dieser Lieblingstruppe, und darum
tat es ihm so weh, als er jetzt so viele der Tapferen vermißte.
„Kinder," rief er den Überlebenden zu, „ihr habt einen schlimmen
Tag hinter euch, aber geduldet euch nur, ich werde alles wieder gut
machen."
75. Friedrich der Große in Lissa.
Ludwig Hahn. Geschichte des preußischen Vaterlandes. Berlin.
Nach der siegreichen Schlacht hei Leuthen (5. Dezember
1757) geriet der König Friedrich in große Gefahr, aus der
ihn nur seine seltene Geistesgegenwart rettete. Mit geringer
Begleitung eilte er vom Schlachtfelde auf Lissa zu, um dort
die Brücke über das Schweidnitzer Wasser, die den Weg
nach Breslau eröffnete, zu besetzen. In Lissa wird er durch
feindliche Schüsse begrüßt, auf welche die Seinigen gleichfalls
mit Schüssen antworten. Friedrich sagt gelassen zu seiner
Umgebung: „Messieurs, folgen Sie mir, ich weiß hier Bescheid,“
und reitet mit seinen Adjutanten über eine Zugbrücke in den
Hof des herrschaftlichen Schlosses. Kaum ist er da angekommen,
so tritt ihm eine Menge von höheren und niederen österreichi¬
schen Offizieren entgegen, die eben ihre Mahlzeit verzehrt
hatten und infolge des Schießens eilig mit Lichtern die Treppe