Full text: [Teil 3 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 3 = Quinta, [Schülerband])

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IV. Sagen. 
den langen Tag. Jetzt ersann ich einen Anschlag, uns zu befreien 
und zugleich die erschlagenen Gefährten §u rächen. Sein großes Auge 
wollte ich ihm ausbohren, und zwar nicht mit dem Schwerte, sondern mit 
einem glühenden Pfahle. Dazu erblickte ich in der Höhle ein herrliches 
Werkzeug, des Riesen eigene Keule aus grünem Olivenholz, so lang 
und dick wie ein Mastbaum. Die legte ich mir zurecht und hieb ein 
Ende von der Spitze ab, etwa ein paar Ellen lang. Meine Gefährten 
mußten mir's glätten, dann spitzte ich selber den Pfahl oben zu und 
härtete die Spitze in der lodernden Flamme des Feuers. Jetzt war 
meine Waffe fertig, und sorgfältig verbarg ich sie unter dem Miste, 
womit der Fußboden dicht belegt war. Daraus losten meine Gefährten, 
wer mit dem Pfahl ins Auge des schlafenden Riesen stoßen sollte, und 
so erwarteten wir unruhig den Abend und des Kpklopen Rückkehr. 
Endlich kam er mit seinen gemästeten Herden und trieb sie wieder 
zu uns herein. Diesmal ließ er keine Tiere in dem Vorhofe zurück, 
sondern brachte die ganze Herde in die Höhle, mochte dies sein aus 
Argwohn, oder weil ein Gott es so fügte. Dann setzte er den ge¬ 
waltigen Stein vor, melkte seine Schafe und Ziegen, fraß wieder zwei 
von meinen armen Gefährten auf und legte frisches Holz an, das 
Feuer zu unterhalten. Jetzt holte ich den versteckten Weinschlauch hervor 
und ging mit einer hölzernen Kanne Wein dreist auf ihn zu. 
„Sieh da, Kyklop," sprach ich, „hier habe ich zu trinken. Ver¬ 
suche einmal. Auf Menschenfleisch schmeckt der Wein gut. Nimm, 
damit du doch siehst, was für einen köstlichen Trunk wir auf unserm 
gestrandeten Schiff gehabt haben. Ich hatte den Wein für dich zum 
Opfer mitgebracht, wenn du mir die Bitte gewährt hättest, gastfreundlich 
meine Heimfahrt zu fördern. Aber wahrlich, du machst es zu arg! 
Böser Mann, wer wird dich künftig wieder besuchen, wenn du so mit 
deinen Gästen verfährst?" 
Er nahm den Krug und trank. Hei! das behagte ihm gewaltig! 
Unversehens erheiterten sich seine Mienen, und als er den tiefen Krug 
geleert hatte, sprach er mit Schmunzeln: 
„Schenk doch noch einmal ein aus deinem Schlauche da und sage 
mir auch, wie du heißest, damit ich dich mit einem Gastgeschenk er¬ 
freuen kann! — Der Tausend! Was ist das für ein herrliches Ge¬ 
tränk! Hier wächst auch Wein, große Trauben, süß von Geschmack, 
aber wahrhaftig, gegen diesen ist er nur Wasser. — So recht, mehr her!" 
Ich schenkte ihm dreimal voll, und er schlürfte in vollen Zügen, 
der Tropf. Bald sah ich mit innigem Vergnügen, wie der starke Wein 
seine Sinne umnebelte. Da fiel mir eine treffliche List ein. „Höre," 
sprach ich, „meinen Namen begehrst du? Nun so wisse denn: Niemand 
heiß' ich. Niemand nennen mich Vater und Mutter und alle anderen
	        
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