Full text: [Teil 3 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 3 = Quinta, [Schülerband])

Becker: Der trojanische Krieg. 
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Leute. Dann reiche mir aber auch das Gastgeschenk, das du ver¬ 
sprochen hast!" 
„Wohl," sprach der Grausame, „so soll Nieurand der letzte sein, 
den ich von euch allen verzehre. Nehmt das als Gastgeschenk von 
mir an!" 
Mit diesen Worten taumelte er rücklings nieder und war vom 
Schlaf bald überwältigt. Unruhig warf er sich umher, und nur zu¬ 
weilen trieb der Rausch ihn vom Lager auf, bis er endlich durch ein 
viehisches Schnarchen seine gänzliche Ertötung kundgab. Jetzt war die 
Sttlnde gekommen. Ich zog hurtig den Pfahl hervor, steckte den 
Stachel ins Feuer und drehte ihn so lange um, bis er glühend und 
knisternd Funken sprühte. Nun ermahnte ich meine Gefährten, mir 
herzhaft beizustehen und nicht zaghaft zurückzuspringen. Ein Gott 
hauchte uns Mut in die Seele. Wir faßten alle an, und in einem 
Nu bohrten wir den sengenden Pfahl ins Auge des Schlafenden. Wie 
wenn der Schmied ein glühendes Eisen plötzlich in kaltes Wasser stößt, 
um es abzukühlen, so zischte das große Auge des Kpklopen, als der 
Kienbrand hineinfuhr. Wir aber drückten immer tiefer und drehten, 
wie nmn einen Bohrer ins Holz dreht, daß rings das siedend heiße 
Blut hervorquoll und über Stirn und Wangen herabfloß. Die 
Wurzeln des Auges prasselten, und die großen Augenbrauen wurden 
von der Hitze schnell versengt. Der Riese stürzte mit entsetzlichem Ge¬ 
schrei empor, und sogleich flohen wir nach allen Seiten auseinander 
in die Winkel der Höhle. Er riß, betäubt von dem höllischen Schmerze, 
den blutigen Brand aus dem Auge, schleuderte ihn wütend gegen die 
Felsenwand und tobte wie ein Wahnsinniger. Von seinem rasenden 
Gebrüll erwachten die anderen Kpklopen in der Nachbarschaft. Sie 
kamen herbeigelaufen und standen draußen rings um die Höhle. 
„Was geschah dir für Leid, Polypheul," riefen sie herein, „daß 
du so entsetzlich durch die Höhle brüllst? Du hast uns alle vom 
Schlummer erweckt. Hat dir jemand dein Vieh gestohlen, oder über- 
sällt dich gar ein Mörder mit Arglist oder gewaltsam?" 
„Wehe!" schrie der Kyklop, „Niemand tötet nrich, Niemand tut 
es mit Arglist!" 
„Nun, wenn dir keiner Gewalt antut," antworteten die anderen 
Kpklopen, „so sind wir hier unnütz. Gegen innere Schmerzen und 
Krankheiteil haben wir kein Mittel. Darum mußt du den Meer¬ 
beherrscher Poseidon, deinen Vater, anflehen." — So sprachen sie und 
entfernten sich eilig. 
4. 
xfl Wie lachte mir das Herz vor Freude, daß mein schlau ersonnener 
Name sie getäuscht hatte. Aber noch hatte ich die größte Gefahr nicht 
Paldamus, Deutsches Lesebuch. Ausg. 0. Quinta. 9
	        
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