Becker: Der trojanische Krieg.
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Leute. Dann reiche mir aber auch das Gastgeschenk, das du ver¬
sprochen hast!"
„Wohl," sprach der Grausame, „so soll Nieurand der letzte sein,
den ich von euch allen verzehre. Nehmt das als Gastgeschenk von
mir an!"
Mit diesen Worten taumelte er rücklings nieder und war vom
Schlaf bald überwältigt. Unruhig warf er sich umher, und nur zu¬
weilen trieb der Rausch ihn vom Lager auf, bis er endlich durch ein
viehisches Schnarchen seine gänzliche Ertötung kundgab. Jetzt war die
Sttlnde gekommen. Ich zog hurtig den Pfahl hervor, steckte den
Stachel ins Feuer und drehte ihn so lange um, bis er glühend und
knisternd Funken sprühte. Nun ermahnte ich meine Gefährten, mir
herzhaft beizustehen und nicht zaghaft zurückzuspringen. Ein Gott
hauchte uns Mut in die Seele. Wir faßten alle an, und in einem
Nu bohrten wir den sengenden Pfahl ins Auge des Schlafenden. Wie
wenn der Schmied ein glühendes Eisen plötzlich in kaltes Wasser stößt,
um es abzukühlen, so zischte das große Auge des Kpklopen, als der
Kienbrand hineinfuhr. Wir aber drückten immer tiefer und drehten,
wie nmn einen Bohrer ins Holz dreht, daß rings das siedend heiße
Blut hervorquoll und über Stirn und Wangen herabfloß. Die
Wurzeln des Auges prasselten, und die großen Augenbrauen wurden
von der Hitze schnell versengt. Der Riese stürzte mit entsetzlichem Ge¬
schrei empor, und sogleich flohen wir nach allen Seiten auseinander
in die Winkel der Höhle. Er riß, betäubt von dem höllischen Schmerze,
den blutigen Brand aus dem Auge, schleuderte ihn wütend gegen die
Felsenwand und tobte wie ein Wahnsinniger. Von seinem rasenden
Gebrüll erwachten die anderen Kpklopen in der Nachbarschaft. Sie
kamen herbeigelaufen und standen draußen rings um die Höhle.
„Was geschah dir für Leid, Polypheul," riefen sie herein, „daß
du so entsetzlich durch die Höhle brüllst? Du hast uns alle vom
Schlummer erweckt. Hat dir jemand dein Vieh gestohlen, oder über-
sällt dich gar ein Mörder mit Arglist oder gewaltsam?"
„Wehe!" schrie der Kyklop, „Niemand tötet nrich, Niemand tut
es mit Arglist!"
„Nun, wenn dir keiner Gewalt antut," antworteten die anderen
Kpklopen, „so sind wir hier unnütz. Gegen innere Schmerzen und
Krankheiteil haben wir kein Mittel. Darum mußt du den Meer¬
beherrscher Poseidon, deinen Vater, anflehen." — So sprachen sie und
entfernten sich eilig.
4.
xfl Wie lachte mir das Herz vor Freude, daß mein schlau ersonnener
Name sie getäuscht hatte. Aber noch hatte ich die größte Gefahr nicht
Paldamus, Deutsches Lesebuch. Ausg. 0. Quinta. 9