Full text: Für die untern und mittlern Klassen (Theil 1, [Schülerband])

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kommen. Nun, sagte der Kaufmann, zwölf Eier zu bezahlen, werde ich doch wohl 
reich genug sein. Das fragt sich sehr, entgegnete der Wirth: es wird sich aber 
bald ausweisen; denn ich hab euch längst verklagt, und da ihr jetzt hier seid, müßt 
ihr mir morgen zu Gericht stehen. Desien weigerte sich der Holländer nicht. Als 
sie nun andern Tags vor den Richter kamen, rechnete der Wirth ihm vor, aus den 
zwölf Eiern würden zwölf Küchlein gekommen sein, die Küchlein wieder Eier gelegt 
haben, aus denen wieder Küchlein gekommen sein würden und sofort, was zuletzt 
eine ungeheure Summe ausmachte, die der Wirth forderte und der Richter ihm auch 
zubilligte, weil der Kaufmann vor Schrecken die Sprache verloren hatte. Ganz 
niedergeschlagen ging der reiche Holländer aus der Gerichtsstube, denn sein ganzes 
großes Vermögen langte bei weitem nicht, die ungeheure Schuld zu bezahlen. Wie 
er nun so traurig einherging, begegnete ihm ein alt Männchen und fragte, warum 
er so traurig wäre; er sähe ja aus wie die theure Zeit. Der reiche Holländer ant¬ 
wortete, wozu er ihm das sagen solle: er könnte ihm ja doch nicht helfen. Wer 
weiß? sagte das Männchen, er wäre doch ein guter Rathgeber, er sollt' ihm seine 
Noth nur klagen. Da erzählte er ihm die Geschichte von den zwölf Eiern und wie 
er jetzt ein armer Mann sei. Wenn es weiter nichts sei, sagte das Männchen, so 
solle er nur gleich hingehen und Berufung einlegen; er wolle dann vor Gericht 
die Sache schon für ihn ausmachen. Wenn er das fertig brächte, sagte der Kauf¬ 
mann, wolle er ihm sechshundert Gulden geben. Das wird sich finden, sagte das 
kleine Männchen: geht jetzt nur hin und sagt: Ich wär euer Fürsprech. Er ging 
also hin vor den Richter, legte Berufung ein gegen das Urtheil und sagte: er hätte 
einen Fürsprech angenommen, weil er als Fremder des geltenden Rechts unkundig 
wäre. Da setzte der Richter einen Tag an, wo die Sache aufs neu zur Verhand¬ 
lung kommen und er mit seinem Rechtsbeistand erscheinen sollte. Als nun der Ge¬ 
richtstag kam, fand er sich zeitig genug ein; aber das kleine Männchen war noch 
nicht da. Die Gerichtsherren, die schon hinter dem grünen Tisch saßen, fragten ihn 
einmal über das andere, wo denn sein Fürsprech bleibe. Der Kaufmann wußte 
darauf keine Antwort: in großer Verlegenheit geht er vor die Thüre, um zuschauen, 
ob das kleine Männchen nicht bald käme; aber da war weit und breit nichts von 
ihm zu sehen. Die Herren wurden ungeduldig und sagten, die anberaumte Stunde 
werde gleich ablaufen, dann müßten sie das erste Urtheil bestätigen. In großer Angst 
läuft der Kaufmann noch einmal vor die Thüre: da steht das Männchen davor: 
der Kaufmann freut sich und führt es sogleich vor den Richter. Da fragen sie ihn, 
warum er denn so lange ausgeblieben sei? Das Männchen antwortet: er hätte 
erst Erbsen kochen müssen. Was er denn mit den Erbsen habe machen wollen, frag¬ 
ten die Richter. Die habe er pflanzen wollen, gab das Männchen zur Antwort. 
Ei, sagen die Richter, gekochte Erbsen pflanze man nicht, davon käme ja doch keine 
Frucht. Und von gekochten Eiern, fiel das Männchen ein, wären auch keine Küchlein 
gekommen: darum seid so gut, ihr Herren, und sprecht ein ander Urtheil. Dieser 
Kaufmann ist dem Wirth zwölf gekochte Eier schuldig und will sie gern bezahlen. 
Das leuchtete den Richtern ein. Sie hoben das erste Urtheil auf, und der Kauf¬ 
mann bezahlte dem Wirth die zwölf gekochten Eier; dem Männchen hätte er mit 
Freuden die sechshundert Gulden bezahlt; aber es war verschwunden. 
S i m r o ck.
	        
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