Full text: Für die untern und mittlern Klassen (Theil 1, [Schülerband])

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3. Es trug in funkelnden Kannen 
Der Wirth den Wein auf den Tisch; 
Lustige Reden sie spannen 
Und sangen und tranken frisch. 
4. Da war auch einer drunter, 
Der grüne Jägersmann, 
Vom Kaiser Rothbart munter 
Zu sprechen hub er an: 
5. Ich habe den Herrn gesehen 
Am Rebengestade des Rheins, 
Zur Meffe wollt' er gehen 
Wohl in den Dom nach Mainz. 
6. Das war ein Bild, der Alte, 
Fürwahr von Kaiserart! 
Bis auf die Brust ihm wallte 
Der lange braune Bart. 
7. Jn's Wort fiel ihm der zweite, 
Der mit dem Federhut: 
Ei Bursch, bist du gescheite? 
Dein Märlein ist nicht gut. 
8. Auch ich hab' ihn gesehen 
Auf seiner Burg im Harz, 
Am Söller thät er stehen, 
Sein Bart, sein Bart war schwarz. 
9. Da fuhr vom Sitz der dritte, 
Der Mann mit Koller und Sporn, 
Und in der Zänker Mitte 
Rief er in Hellem Zorn: 
10. So geht mir doch zur Höllen, 
Ihr Lügner! Glück zur Reis'! — 
Ich sah den Kaiser zu Köllen, 
Sein Bart war weiß, war weiß! 
11. Das gab ein grimmes Zanken 
Um Weiß und Schwarz und Braun, 
Es sprangen die Klingen, die blanken, 
Und wurde scharf gehau'n. 
12. Verschüttet aus den Kannen 
Floß der vieledle Wein, 
Blutige Tropfen rannen 
Aus leichten Wunden drein. 
13. Und als es kam zum Wandern, 
Ging jeder in zornigem Muth, 
Sah keiner nach dem andern, 
Und waren sich jüngst so gut. 
14. Ihr Brüder, lernt das Eine 
Aus dieser schlimmen Fahrt: 
Zankt, wenn ihr sitzt beim Weine, 
Richt um des Kaisers Bart! 
-. ©ei bei. 
84. Des Deulschritters Ave. 
1. Herr Ott vom Bühl, nun drängt 
die Roth, 
Run zeigt, wie treu ihr's meint! 
Das Feld ist roth, und die Brüder sind 
todt, 
Und hinter uns raffelt der Feind. 
2. Wohl klag' ich manch gebrochnen 
Speer, 
Manch Wappenschild zerspalten; 
Doch schmerzt's um den heiligen Kelch 
mich noch mehr 
In meines Mantels Falten. 
3. Im Schlachtfeld tranken wir alle 
daraus. 
Zu sühnen uns mit Gott; 
Soll nun beim wüsten Siegesschmaus 
Der Heid' ihn schwingen zum Spott? 
4. Herr Ott, und fühlt ihr euch stark 
und jung, 
Roch einmal wendet das Roß, 
Versucht mit scharfem Schwertesschwung 
Roch einmal zu hemmen den Troß. 
5. Und haltet ihr nur so lang ihn auf, 
Als ihr ein Ave sagt, 
So rettet meines Hengstes Lauf 
Den Kelch, um den ihr's wagt. 
6. Herrn Otts Besinnen war nicht groß, 
Sprach: Ja, und weiter nichts; 
Des Meisters Roß von dannen schoß 
Im Stral des Mondenlichts. 
7. Und als das Kreuz auf dem Man¬ 
tel weiß 
Richt mehr zu kennen war, 
Da sauste schon auf Gäulen heiß 
Heran der Lithauer Schar; 
8. Und als der Mantel fern im Schwung 
Rur schien wie ein fliegender Schwan, 
Da fielen sie den Ritter jung 
Mit grimmigen Streichen an. 
9. Die krummen Schwerter blinkten 
frei, 
Es rasselten dumpf die Keulen, 
Dazwischen ging ihr Kampfgeschrei 
Wie hungriger Wölfe Heulen. 
10. Herr Ott vom Bühl sprach: Ave 
Marie, 
Und führt' einen Hieb, der traf; 
Der Häuptling flog vom Sattel auf's Knie 
Mit durchgespalt'nem Schlaf. 
11. Das zweite Wort der Held dann 
sprach 
Und hieb noch kräftiger schier; 
Der Bannenträger zusammenbrach, 
Und über ihn fiel das Panier.
	        
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