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„So," sagte er, „nun habe ich meine Bezahlung und will nun machen, daß
ich nach Hause komme!"
„Du hast doch aber nicht mehr genommen, als dir zukommt?"
„Ei, behüte und bewahre!"
„Wirklich nicht?" fragte das Männlein streng und blickte dem Bauer scharf
in die Augen. Der aber entgegnete ganz ruhig: „Keinen Pfennig mehr. Leb wohl!"
„Leb wohl!" sagte das Männchen.
„Doch hast du mich belogen,
So hast du dich betrogen!"
Der Bauer hörte diese Worte noch, als er den Berg hinabfuhr, und da er
fürchtete, das Männlein werde ihm, wenn es den Betrug bemerke, nachfolgen und
ihm vielleicht einen Streich spielen, so hieb er seine Pferde tüchtig an und gelangte
auch bald in eines der am Fuße des Berges gelegenen Dörfer. Hier beschloß er,
die ermüdeten und von Schweiß triefenden Rosse etwas verschnaufen zu lasten und
bei der Gelegenheit einmal den erworbenen Schatz zu zählen. — Kaum hatte er
daher die Pferde versorgt, so begab er sich in das vom Wirthe ihm angewiesene
Zimmer und leerte die Taschen, welche ihm auf dem Wege immer schwerer gewor¬
den waren. Aber o Himmel! die schönen großen, funkelnden Goldstücke hatten sich
in blinde, bleierne Münzen verwandelt.
Als sich das Bäuerlein einigermaßen von seinem Schrecken erholt hatte, lief
es eilends zum Kyffhäuser zurück. Der Weg wurde ihm entsetzlich sauer; denn das
vorher schöne Wetter war plötzlich umgeschlagen: unendlicher Regen strömte, ihn
ganz durchnästend und durchkältend, vom dunkeln Himmel herab; in der Ferne
zuckten Blitze, der Donner grollte, und ein wilder Sturm durchsauste die Wipfel
der Bäume. Endlich langte er oben an; aber nun umgab ihn ein so dicker Nebel,
daß er kaum im Stande war, drei Schritte weit vor sich zu sehen. Aengstlich und
immer ängstlicher lies er nun in den Ruinen umher, schrie nach dem Männchen,
bekannte seine Schuld und bat auf das Beweglichste nur um das, was ihm zu¬
komme; aber da kein Männlein erschien, so wurde er endlich zornig und fing an
zu schimpfen und zu fluchen. Aber, aber! Von unsichtbaren Händen erhielt er so
viele und so gewichtige Ohrfeigen, daß ihm die Backen schwollen und er eilends den
Berg hinunter stürzte; hinter ihm her ertönten aber unter lautem Hohngelächter
die Worte: s
„Hast du mich belogen,
So hast du dich betrogen!" Bech stein.
31. Brod und Salz segnet Gott.
Es ist gemeiner Brauch unter uns Deutschen, daß der, welcher eine Gasterei
hält, nach der Mahlzeit sagt: „Es ist nicht viel zum besten gewesen, nehmt so vor¬
lieb." Nun trug es sich zu, daß ein Fürst auf der Jagd war, einem Wild nach¬
eilte und von seinen Dienern abkam, also daß er einen Tag und eine Nacht im
Walde herumirrte. Endlich gelangte er zu einer Köhlerhütte, und der Eigenthümer
stand in der Thüre. Da sprach der Fürst, weil ihn hungerte: „Glück zu, Mann!
was hast du zum besten?" Der Köhler antwortete: „Ick hebbe Gott un allewege