Full text: Für die untern und mittlern Klassen (Theil 1, [Schülerband])

57 
„So," sagte er, „nun habe ich meine Bezahlung und will nun machen, daß 
ich nach Hause komme!" 
„Du hast doch aber nicht mehr genommen, als dir zukommt?" 
„Ei, behüte und bewahre!" 
„Wirklich nicht?" fragte das Männlein streng und blickte dem Bauer scharf 
in die Augen. Der aber entgegnete ganz ruhig: „Keinen Pfennig mehr. Leb wohl!" 
„Leb wohl!" sagte das Männchen. 
„Doch hast du mich belogen, 
So hast du dich betrogen!" 
Der Bauer hörte diese Worte noch, als er den Berg hinabfuhr, und da er 
fürchtete, das Männlein werde ihm, wenn es den Betrug bemerke, nachfolgen und 
ihm vielleicht einen Streich spielen, so hieb er seine Pferde tüchtig an und gelangte 
auch bald in eines der am Fuße des Berges gelegenen Dörfer. Hier beschloß er, 
die ermüdeten und von Schweiß triefenden Rosse etwas verschnaufen zu lasten und 
bei der Gelegenheit einmal den erworbenen Schatz zu zählen. — Kaum hatte er 
daher die Pferde versorgt, so begab er sich in das vom Wirthe ihm angewiesene 
Zimmer und leerte die Taschen, welche ihm auf dem Wege immer schwerer gewor¬ 
den waren. Aber o Himmel! die schönen großen, funkelnden Goldstücke hatten sich 
in blinde, bleierne Münzen verwandelt. 
Als sich das Bäuerlein einigermaßen von seinem Schrecken erholt hatte, lief 
es eilends zum Kyffhäuser zurück. Der Weg wurde ihm entsetzlich sauer; denn das 
vorher schöne Wetter war plötzlich umgeschlagen: unendlicher Regen strömte, ihn 
ganz durchnästend und durchkältend, vom dunkeln Himmel herab; in der Ferne 
zuckten Blitze, der Donner grollte, und ein wilder Sturm durchsauste die Wipfel 
der Bäume. Endlich langte er oben an; aber nun umgab ihn ein so dicker Nebel, 
daß er kaum im Stande war, drei Schritte weit vor sich zu sehen. Aengstlich und 
immer ängstlicher lies er nun in den Ruinen umher, schrie nach dem Männchen, 
bekannte seine Schuld und bat auf das Beweglichste nur um das, was ihm zu¬ 
komme; aber da kein Männlein erschien, so wurde er endlich zornig und fing an 
zu schimpfen und zu fluchen. Aber, aber! Von unsichtbaren Händen erhielt er so 
viele und so gewichtige Ohrfeigen, daß ihm die Backen schwollen und er eilends den 
Berg hinunter stürzte; hinter ihm her ertönten aber unter lautem Hohngelächter 
die Worte: s 
„Hast du mich belogen, 
So hast du dich betrogen!" Bech stein. 
31. Brod und Salz segnet Gott. 
Es ist gemeiner Brauch unter uns Deutschen, daß der, welcher eine Gasterei 
hält, nach der Mahlzeit sagt: „Es ist nicht viel zum besten gewesen, nehmt so vor¬ 
lieb." Nun trug es sich zu, daß ein Fürst auf der Jagd war, einem Wild nach¬ 
eilte und von seinen Dienern abkam, also daß er einen Tag und eine Nacht im 
Walde herumirrte. Endlich gelangte er zu einer Köhlerhütte, und der Eigenthümer 
stand in der Thüre. Da sprach der Fürst, weil ihn hungerte: „Glück zu, Mann! 
was hast du zum besten?" Der Köhler antwortete: „Ick hebbe Gott un allewege
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.