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zu. Die Schiffer am Ufer und auf den Schiffen singen, mitunter dabei auf
die Winzer spottend, dass es rings wiederhallt. — Im bläulichen Flusse spiegelt
sich der grüne Berg; schön wird der Anblick, wenn Hesperus, d. h. der Abend¬
stern, erscheint und das Spiegelbild im Wasser in seinem Scheine zittert.
Wenn dann der Nachen auf der silbernen Fläche treibt, kann der Schiffer die
Reben, die am Ufer grünen, im Strome zählen. Lieblich auch ist es anzu¬
sehen, wie sich die Ruderer in den Fahrzeugen auf der Mosel tummeln oder
mit diesen am Ufer hingleiten, wo die Knaben umher schweifen. — Scheint
dann wieder die helle Sonne, so spiegelt sich auch das Schiff im Wasser, der
vorgebeugte Körper (des _ Dichters) erscheint umgekehrt, und Schiffer und
schiffende Knaben sehen ihre Gestalt und all ihre Bewegung im Wasser. —
Am Lande sind die Fischer beim Fischfang, werfen ihre Netze aus und ziehen
ihre Beute ans Ufer. — Auf dem hohen Rande des Ufers, auf Hügeln und
Felsenklippen und rückwärts erheben sich die Landhäuser, von denen man zum
Teil über den eigenen Besitz, zum Teil über Berg und Thal weite Aussicht
hat. Manch eine Villa hat einen hohen Turm wie der Pharus (Leuchtturm)
zu Memphis (soll wohl heifsen im Hafen zu Alexandrien) in Ägypten.
Nun weiter!
2. Aber auch über den Ehein kamen die Bömer in friedlicher
Weise. Das rechtsrheinische Land vom Bodensee bis zum Main und
südlich der Höhe (Taunus) bis zur Wetterau hin lag seit dem Abzüge
der Markmannen nach Böhmen fast leer. Dort siedelten nun die römi¬
schen Kaiser alte, ausgediente Soldaten (Veteranen) an, die Stücke
Landes zu ihrem Gebrauche erhielten und davon nur den zehnten Teil
des Ertrages abgaben. Daher wurde dies Land das Zehntland ge-
heifsen.
Von den Bömerstädten und vom Zehntlande aus entwickelte sich
nun ein bedeutender Verkehr ins Germanenland hinein. Die alten
Marktplätze wurden wieder aufgenommen und von römischen Kauf¬
leuten, Händlern und Hausierern besucht. Sie brachten den Germanen
den beliebten Gold- und Silberschmuck, bessere Waffen, feinere Kleider¬
stoffe, Gewürze, Südfrüchte, Obst, Gemüse und Wein. Dafür erhielten
sie Bferde und Binder, Beize, Felle und Häute, Linnen, Wolle und Woll-
gewebe, Bauchfleisch, Geflügel und Fische, Büben, Bettiche und Spargel,
Honig und Wachs, Seife und Bernstein, auch langes rotes und gelbes
Haar, von dem die Bömerinnen sich Berücken machten. Das ganze
Geschäft war ein Tauschgeschäft. Geld nahmen die Germanen nur
in grossen Silber- und Goldstücken, um es teils zur Zierat zu ver¬
wenden, teils aufzusammeln.
Wiedergabe.
Überschrift: Die Bömer im Zehntlande.
Vertiefung.
Die Bömer waren doch recht klug, als sie die Veteranen im
Zehntlande ansiedelten. Warum? (Sie hatten dadurch Verwendung