Full text: Für Klasse II der höheren Knabenschulen, Klasse V der höheren Mädchenschulen (Band 3, [Schülerband])

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24. Seitdem wird zu Gmünd empfangen 
Liebreich jedes Geigerlein, 
Kommt es noch so arm gegangen. 
Und es muß getanzet sein. 
25. Drum auch hört man geigen, singen. 
Tanzen dort ohn Unterlaß, 
Und wem alle Saiten springen. 
Klingt noch mit dem leeren Glas. 
26. Und wenn bald ringsum verhallen 
Becherklingeln, Tanz und Sang, 
Wird zu Gmünd noch immer schallen 
Selbst aus Trümmern lust'ger Klang. 
Justinus Kerner. 
-^7. Der Schneider in Pensa. 
1. Der Schneider in Pensa, was ist das für ein Männlein! 
Sechsundzwanzig Gesellen auf dem Brett, jahraus, jahrein für halb 
Rußland Arbeit genug, und doch kein Geld, aber ein froher, heiterer 
Sinn, ein Gemüt, treu und köstlich wie Gold, und weit hinten in 
Rußland deutsches Blut rheinländischer Gastfreundschaft. 
2. Im Jahr 1812, als Rußland nimmer Straßen genug satte 
für die Kriegsgefangenen an der Beresina oder in Wilna, ging eine 
auch durch Pensa, welches für sich schon mehr als einhundert Tage¬ 
reisen weit von Lahr oder Pforzheim entfernt ist, und wo die beste 
deutsche oder englische Uhr, wer eine hat, nimmer recht geht, sondern 
ein paar Stunden zu spät. In Pensa ist der Sitz eines russischen 
Statthalters. Also wurden dort die Kriegsgefangenen abgegeben 
und übernommen und alsdann weiter abgeführt in das tiefe, fremde 
Asien hinein, wo die Christenheit ein Ende hat und niemand mehr 
das Vaterunser kennt, wenn's nicht einer gleichsam als eine fremde 
Ware aus Europa mitbringt. 
3. Also kamen eines Tages, mit Franzosen gemischt, auch sech¬ 
zehn Rheinländer, badische Offiziere, die damals unter den Fahnen 
Napoleons gedient hatten, über die Schlachtfelder und Brandstätten 
von Europa, ermattet, krank, mit erfrorenen Gliedmaßen und schlecht 
geheilten Wunden, ohne Geld, ohne Kleidung, ohne Trost in Pensa 
an und fanden in diesem unheimlichen Land kein Ohr mehr, das 
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