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mit drei goldenen Knospen emportrieb. Das Klingen in der
Luft schwoll an und der Duft verstärkte sich, als sich diese Knospen
voneinander taten und drei Blumen entfalteten, die genau
dem Krönlein des Schlangenkönigs glichen und gleich diesem
in der Mitte wie blaue Sterne leuchteten. Aber kaum hatten
sich diese zu höchster Pracht aufgetan, als sie auch schon die
Köpfe hängen ließen, so daß bald nur noch der verwelkte Pflanzen⸗
stengel dastand. An dieser Stelle grub nun die Frau und stieß
bald auf einen großen Topf, der mit goldenen Münzen und
kostbaren Edelgesteinen bis zum Rande angefüllt war, so daß
sie auf einmal viele Reichtümer besaß. Noch am selbigen Tage
brachte Grete dem Schlangenkönig seine Krone zurück. Ihre
Mutter, die den reichen Fund niemand mitteilte, verkaufte
bald darauf ihr kleines Anwesen an einen benachbarten Bauern,
der zur Abrundung seines Gutes schon lange danach getrachtet
hatte, und zog mit Grete in eine entfernte Stadt, wo sie in einem
schönen Gartenhäuschen in behaglicher Wohlhabenheit wohnte
und ihre Tochter in allen guten Dingen unterrichten ließ, so daß
aus der kleinen Gänsehirtin ein kluges und schönes Mädchen
ward, das später ein vornehmer, junger Mann zu seiner Gattin
erwählte.
So ward sie die Stammmutter eines blühenden und
wohlhabenden Geschlechts, dessen Nachkommen noch heute be—
stehen und in ihrem Wappen eine silberne, gekrönte Schlange
und zwei goldene Gänse führen.
Heinrich Seidel.
z. Die Hühnerburg.
Es war einmal Kirmeszeit, wo die Menschen den großen
Appetit bekommen und so viele Tiere auf einmal schlachten.
Da kam eines Tages die Köchin eines Gutes auf den Hühnerhof
und besah sich die Hühner und aus ihren Reden hörten die, daß
am nächsten Morgen sieben von ihnen in den Bratpfannen
schwißen sollten. Da entstand große Trauer; denn keines war
sicher, daß es nicht zu den sieben gehörte, und niemand wußte,
wie das drohende Unheil abzuwenden sei. In ihrer Not gingen
endlich ein paar junge Hähne zu dem Hofhund, Flaps mit Namen,