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F. Bilder aus Heimat uud Fremde.
100. München.
A.
In nicht gar weiter Entfernung von dem Gebirgswall der
Alpen liegt an der grünen Isar die Hauptstadt Bayerns. Sie
ist eine Gründung Heinrichs des Löwen. Aber als ihren zweiten
Gründer kann man König Ludwig I. betrachten, der hier eine Menge
Prachtgebäude in den verschiedensten Baustilen errichtete, der
München zu einem Sammelplatz der deutschen Künstlerschaft machte
und zu einer Kunststadt ersten Banges erhob. Wenn auch die
Stadt auf einer von Natur wenig fruchtbaren Ebene gelegen ist,
sodaß sie Gustav Adolf mit „einem goldenen Sattel auf dürrer
Mähre“ vergleichen konnte, so gibt es doch auch hier manchen an¬
mutigen Platz, zumal die Fürsorge der bayerischen Fürsten wie
der Stadtgemeinde vieles zur Verschönerung der Umgebung, besonders
der Isarseite, beigetragen hat. Eine hervorragend schöne Anlage
ist der unter dem Kurfürsten Karl Theodor geschaffene Englische
Garten, unter dem man sich einen reizenden Park vorzustellen
hat mit hochstämmigen, alten Bäumen, grünen Wiesen und rau¬
schenden Wasserarmen, die sich von der Isar abzweigen. An ihn
schließen sich die unter König Max II. gegründeten Gasteigan¬
lagen, die flußaufwärts in die Isar au en übergehen. So kann
man Münchens herrliche Wasserstraße entlang stundenweit in den
schönsten Baum- und Buschbeständen wandeln.
B.
Den Mittelpunkt der Stadt bildet der Marien- oder Schrannen¬
platz. Hier wurden früher die Getreidemärkte oder Schrannen
unter freiem Himmel abgehalten, während jetzt für dieselben an
der Blumenstraße die Schrannenhalle besteht, in welcher jeden
Sonnabend bedeutende Getreidegeschäfte abgeschlossen werden. An
dem Marienplatz, der ein längliches Viereck bildet, stehen die alter¬
tümlichsten Gebäude der Stadt. Dem entsprechend wurde auch das
1874 aufgeführte neue Rathaus in gotischem Stil erbaut. Vom
alten Rathaus, unter dessen schön gedecktem und bemaltem Uhrturm