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8. Sie lauschen mit Gefallen,
Wie er so lächelnd spricht,
Sie wandeln durch die Hallen
Ans goldne Tageslicht.
Und in dem Saale winket
Ein herrliches Gelag,
Es dampfet und es blinket,
Was nur das Land vermag.
9. Es satzten sich die Fürsten:
Da möcht' es seltsam sein!
Sie hungern und sie dürsten
Beim Braten und beim Wein,
„Nun, will's euch nicht be¬
hagen?
Es fehlt doch, deucht mir,
nichts?
Worüber ist zu klagen?
An was, ihr Herrn, gebricht's?
10. Es schickt zu meinem Tische
Der Odenwald das Schwein,
Der Neckar seine Fische,
Den frommen Trank der Rhein.
Ihr habt ja sonst erfahren,
Was meine Pfalz beschert!
Was wollt ihr heute sparen.
Wo keiner es euch wehrt?"
11. Die Fürsten sahn verlegen
Den andern jeder an.
Am Ende doch verwegen
Der Ulrich da begann:
„Herr, fürstlich ist dein Bissen,
Doch eines thut ihm not,
Das mag kein Knecht vermissen:
Wo ließest du das Brot?"
12. „Wo ich das Brot gelaffen?"
Sprach da der Pfälzer Fritz,
Er traf, die bei ihm saßen,
Mit seiner Augen Blitz;
Er that die Fensterpforten
Weit auf im hohen Saal,
Da sah man aller Orten
Ins offne Neckarthal.
13. Sie sprangen von den Stühlen
Und blickten in das Land,
Da rauchten alle Mühlen
Rings von des Krieges Brand;
Kein Hof ist da zu schauen,
Wo nicht die Scheune dampft,
Von Rosses Huf und Klauen
Ist alles Feld zerstampft.
14. „Nun sprecht: Von wessen
Schulden
Ist so mein Mahl bestellt?
Ihr müßt euch wohl gedulden.
Bis ihr besät mein Feld,
Bis in des Sommers Schwüle
Mir reifet eure Saat,
Und bis mir in der Mühle
Sich wieder dreht ein Rad.
15. Ihr seht, der Westwind fächelt
In Stoppeln und Gesträuch;
Ihr seht, die Sonne lächelt,
Sie wartet nur auf euch.
Drum sendet flugs die Schlüs¬
sel
Und öffnet euern Schatz,
So findet bei der Schüffel
Das Brot den rechten Platz!"
Gustav Schwab.